Es gibt nicht mehr als drei Sterne dachten wir, im Umgang mit hochdekorierten Profis so versiert wie entspannt. Doch Gordon Ramsay, in Großbritannien seit Jahren durchgehend mit drei Sternen bedacht, scheint mehr als ein erfolgreicher Koch. Im Resort Forte Village auf Sardinien, das eines seiner Restaurants beherbergt, haben wir ihn getroffen. Wir erlebten einen Pop-Star der Küche.
Autor Dirk Vangerow, Fotos @foodhunter
Der Auflauf von Funk- und Fernsehteams aus Russland, Frankreich, Italien, England in der Showküche des Resorts war beeindruckend. Geschiebe, Gedränge und mächtig PR um den Superstar, der schon wegen seiner Größe und seines auffälligen Blondschopfes ins Auge sticht.
Seit ihm Boulevardzeitungen einst unterstellten diese gewollt wirre Pracht einer Haartransplantation zu verdanken, liest er angeblich keine Zeitungen mehr. Als seine Show vor dem Auditorium beginnt, blicken seine stahlblauen Augen angespannt, vielleicht auch genervt. Was kein Wunder wäre, denn das Resort ist eine von unzähligen Pflichtadressen. Auf seiner Website finden sich alleine 12 Restaurants in London, dazu zwei Pubs und ein Hotel.
Zudem vermarktet sich Gordon Ramsay in Europa (Sardinien, Toskana, Versailles, Irland), in den USA, Australien, Tokio und im Mittleren Osten, lässt sich für private Events und Veranstaltungen buchen und unterhält eine Akademie für Profis und alle die es werden wollen. Dazu eine Familie mit drei Kindern und aktuelle Pläne für ein Restaurant in Montreal und ein Steakhouse in Las Vegas.
Champagner köpft Gordon Ramsay höchstens für die Soße. „Ich trinke nicht. Zu viele Köche trinken, das ist nicht gut“, sagt er.
Da braucht es Power und eiserne Disziplin. Champagner köpft Gordon Ramsay höchstens für die Soße. „Ich trinke nicht. Zu viele Köche trinken, das ist nicht gut“, sagt er, inzwischen Ende 40. Ob er sich diesen Stress noch zehn Jahre antun will, weiß er nicht. Er lebe von einem Jahr zum nächsten und vieles ergebe sich ungeplant. „Dennoch bin ich auch niemand, der ausschließlich in der Küche stehen will. Ich brauche das rastlose Leben, Publicity, Fernsehen, Interviews.“
Weshalb er auch erfolgreich eine eigene Kochsendung im britischen Fernsehen hat, Vorbild deutscher Serien wie ‚Rach der Restauranttester’. „Acht Sendungen in zwei Tagen müssen abgedreht werden“, sagt Kim, seine rechte Hand, immer dabei und ziemlich stolz, dass Gordon ausgerechnet sie auserkoren hat, um ihn bei öffentlichen Shows zu begleiten. „Sie ist wirklich gut“, schwärmt dieser, „denn sie hat es geschafft den Savoy Grill in London innerhalb eines Monats nachdem sie Chefin der Küche wurde, in die schwarzen Zahlen zu bringen.“ Gute Ausbildung. Natürlich bei Gordon Ramsay. Der ist übrigens Schotte und heute millionenschwer.
„Wenn meine Tochter nicht kriegt was sie will, droht sie allen zu erzählen meine Frau koche besser als ich.“
Auch die Kochvorführung im Forte Village macht er zu seiner Show, ist Profi genug, um nach wenigen Minuten das Publikum fest im Griff zu haben. Routiniert und humorvoll erzählt er „funny storys“ aus dem Familienleben, während er den Pasta-Teig durch die Nudelmaschine dreht und nach jedem Durchdrehen mit einer gekonnten Handbewegung schüttelt.
Das Schütteln erspart das ewig „mehlen“ und der Teig wird locker und leicht. „Wenn meine Tochter nicht kriegt was sie will, droht sie allen zu erzählen meine Frau koche besser als ich.“ Als sein Teig die richtige Konsistenz und Dicke hat, schneidet Gordon die Pasta mit einem welligen Messer von Hand. „Dabei franst die Nudel an der Seite leicht aus und sie nimmt später mehr Soße auf.“
„Kinder müssen lernen, woher die Lebensmittel kommen. Kein Fleisch wächst im Supermarkt in der Folie heran.“
Gordon Ramsay nutzt seine Popularität jedoch nicht nur für sich selbst. Den Kindern Respekt vor Lebensmitteln zu vermitteln sieht er als eine seiner Hauptaufgaben. Auch wer ihn nach der Küche der Zukunft fragt, nach Trends und neuen Gerichten, wird immer wieder ein Wort hören: Respekt. Respekt vor den Lebensmitteln sei künftig mehr denn je das Wichtigste. „Die Kids sind top wenn es um die neueste Technologie geht und haben von Lebensmitteln keine Ahnung.“ Seit vier Jahren geht er regelmäßig mit Schulklassen auf einen Hof. Lämmer, Kühe, Kälber, Schweine, Hühner. Füttern, streicheln, kennen lernen. „Die meisten Kinder gehen heute durch einen Supermarkt und kennen Fleisch nur aus der Folie. Sie müssen frühzeitig lernen, was wirklich hinter solchen Produkten steckt. Wer mit fünf Jahren schon in diese Richtung geführt wird, ist mit 15 ein umsichtiger Verbraucher und bewusster Genießer.“ Dann passiert vielleicht auch nicht was ihm kürzlich in den USA widerfuhr als ein Gast Ketchup zur perfekten Bouillabaisse verlangte. Wir wollen wissen ob er, wie schon Jamie Oliver, bereits schlechte Erfahrungen mit hysterischen Eltern gemacht hat, die ihre Kinder vor gesundem Essen schützen wollten. „Jamie Oliver? Wer ist das“ lacht der Blondschopf. Britischer Humor ist einfach etwas das wir lieben.
Sein Hauptgericht beim Journalistentreffen: Seezungenröllchen mit Chorizo gefüllt und dazu Wassermelone in Balsamessig karamellisiert.
Zumindest die Wassermelone fanden wir am Abend, von einem findigen Koch des Resorts schnell aufgegriffen, wieder. Durchaus nachahmenswert. Die Gesamtkomposition des Hauptgerichtes blieb uns jedoch verborgen. Stellt sich die Frage, ob der Spagat zwischen Koch und Unternehmer vielleicht doch manchmal zu groß ist, wenngleich Gordon Ramsay ein hochkarätiges Team um sich schart, das wie er ständig an sich arbeitet.
„Ich gebe die Richtung vor. Dann liegt es an den Köchen, das Beste für den Gast zu kreieren – wohlgemerkt für den Gast, denn ein gutes Restaurant zeichnet sich dadurch aus, den Gast zu verwöhnen und seine Ansprüche zu erfüllen. Nicht mir müssen die Köche etwas beweisen.“
Das haben diese ohnehin längst, denn Gordon Ramsay lässt sie durch eine harte Schule gehen. „Nur wer sich verändert, sich jeden Tag verbessert bleibt bei mir oder in einem meiner Restaurants. Alle anderen fliegen raus.“ Das er das genauso meint wie er es sagt, darf man dem Mann, der schärfer als ein Küchenmesser ist und gerne das berühmte f-Wörtchen benutzt, durchaus glauben. So erstaunt es uns keineswegs, dass er den Rausschmiss eines ungeliebten Foodkritikers aus einem seiner Lokale zu den schönsten Momenten zählt. Wir sind sicher, einige Köche würden es ihm gerne ab und zu gleichmachen. Aber das wagt wohl nur, wer ein echter Pop-Star ist.