von foodhunter
Kategorie: Regional & Delikat

Unterwegs mit dem Fischer vom Starnberger See

Unterwegs mit dem Fischer vom Starnberger See

Die besten geräucherten Renken vom Starnberger See. „Der Fischer räuchert nach alter Tradition”, sagt Boris Sembritzki, in dessen Feinkostladen wir das Fischlein verspeisen durften. Wir haben jenen Fischer besucht, der seinen Renken ein so hauchzartes Räucherkleid überzieht, dass sie auf jedem Catwalk kulinarischer Genüsse höchstes Lob erfahren.

 

Autorin Sabine Ruhland,
Fotos ©foodhunter

 

Johann Schuster ist ein Mannsbild wie es ein Literat nicht besser hätte erdenken können. Groß, kräftig, mit blitzenden braunen Augen, um die sich unzählige Lachfältchen schmiegen, mit wettergegerbtem Gesicht und silbrig-grauem Bart. Da werden Fotografen schwach, wenngleich Johann Schuster jede Art der Ablichtung hasst. „I schau später einfach ned hi“, sagt er.

 

Wir treffen ihn morgens kurz vor halb fünf  an der Ostseite des Starnberger Sees. An die frühe Uhrzeit zum Arbeitsbeginn hat sich ein Fischer wie er längst gewöhnt.

„Alle in meiner Familie waren Fischer – ich habe die Familienchronik bis 1640 zurückverfolgt. Außerdem mussten wir früher eben einfach ran und dem Vater helfen.“

Da war Johann noch ein Bub und Stunden vor Schulbeginn ging’s auf den See, bei Wind und Wetter. Und erst die harte Arbeit: Die Baumwollnetze vom zappelnden Fang befreien, sie nass und schwer, wie sie damals waren, ins Boot hieven, an Land bringen, zum Trocknen aufhängen und flicken, falls ein Loch drin war.

„Im Sommer, da war es leichter zu ertragen. Aber die Eiseskälte im Winter, die vollgesogenen Baumwollnetze in Ermangelung eines Autos auf einem Schlitten zum Hof ziehen, aufhängen, reparieren. Eine Wahnsinnsarbeit.”

 

Vielleicht ist er deshalb so entspannt, wenn heute ein paar größere Löcher im Kunststoffnetz sind. „Den Ehrgeiz hab i nimmer, dass i koan rauslass. S’Fischerl braucht a Chance“, sagt er.

 

Johann Schuster Fischer Starnberger See

 

Mit ein Grund, dass Johann Schuster niemals einen Käscher an Bord hat. „Entweder mit Netz und Händen oder gar ned!“ Das soll’s mit der Tierliebe allerdings gewesen sein, denn ansonsten werden die Renken ratzfatz aus den 4 x 4 cm großen Löchern gezogen, ein kurzer Schlag auf den Kopf und ab in die mit Eis gekühlte Box.

Manchmal zappelt noch einer oder Johann Schuster vergisst den Kopfschlag. Dann kommt natürlich die obligatorische Journalistenfrage, ob er denn kein Mitleid mit den Tieren hätte. Da lacht er. „Wenn’S mit der Natur arbeiten wollen, dann dürfen’S  keine  Beziehung zu den Viechern aufbauen!“ Er tut uns dann aber den Gefallen und haut auch die Zappelnden mit einem kurzen Schlag an den Bordrand. Klack. Aus.

 

Eine Kunst, die immer weniger Fischer beherrschen: Trockensalzen.

 

Fische, die Johann Schuster nicht frisch verkauft, räuchert er. Immer nur donnerstags und nur wenn Bedarf ist.

Grundsätzlich müssen dazu die Fische zuvor eingesalzen werden. Weil es einfacher ist, wählen die meisten die Methode des Nasssalzens, bei der die Fische über Nacht in Salzlake liegen, die ihnen leider nicht nur das Süßwasser, sondern auch das ganze Aroma entzieht.

„Dann schmeckt der Fisch nach Räucheraroma, aber nicht mehr nach Fisch“, sagt Johann, weshalb er die traditionelle Methode des Trockensalzens bevorzugt.

Das ist aufwendiger, schwieriger zu dosieren. Hierbei werden die Fische von innen und außen mit Kochsalz eingerieben, wobei der Rücken stärker eingerieben werden muss als die dünnen Bauchlappen. Macht der Fischer dabei einen Fehler, schmeckt der Fisch am Ende an der einen Stelle versalzen, an der anderen zu fad.

Doch dem Johann passiert so etwas nicht. Ist der Fisch gesalzen kommt er für zwei Stunden waagrecht in einen Behälter.

 

Durch das Trockensalzen wird dem Fisch kaum Süßwasser entzogen und geht kaum Gewebemasse verloren. Er behält seinen Geschmack und sein Aroma.

 

Johann feuert das Räucherfeuer an. Die Buchenspäne, knochentrocken, brennen sofort. Johann hängt die Fische rein.

„Die müssen zuerst garen, dann räuchern. Aber ich mache das nach Gefühl und irgendwie zusammen“, sagt er und wirft stetig einen Blick aufs Thermometer.

Ca. zwei Stunden bleiben die Renken im Räucherofen. Auch der Rauch muss immer wieder geprüft werden. Bei zu viel Rauch wird Geräuchertes am Ende stinkend und die Fische schmecken „speckig“. Nicht so bei Johann Schuster, weshalb wir keinesfalls den Fischer verlassen ohne vier geräucherte Renken mit nach München zu nehmen.

 

Sembritzki

 

Johann Schuster, Marienstraße 2, 82335 Aufkirchen
Feinkost Sembritzk
Tutzinger Hof Platz 4
82319 Starnberg.
Mo-Fr 8.30-18 Uhr, Sa 8.30-13 Uhr
www.sembritzki-starnberg.de

 

Arrow right icon