von foodhunter
Kategorie: Regional & Delikat

Delikatesse Albschnecke. Rita Goller und ihr Schneckengarten

Für viele ist sie nur ein kleiner Igitt-Klumpen, ausschließlich mit viel Knoblauch genießbar, schleimig und gummiähnlich im  Geschmack. Die Schnecke. Schade, denn wie immer gilt: ein gutes Produkt und die richtige Zubereitung ergibt guten Geschmack. Gehen Sie mit uns auf eine Schneckenreise der besonderen Art. Hinein ins Biosphärengebiet Schwäbische Alb direkt in den Schneckengarten von Rita Goller.

 

Autor Sabine Ruhland, Fotos ©Foodhunter

 

Ein Paradies aus Obstbäumen, Schluchten und verschlafenen Ortschaften. Mitten in dieser Bilderbuchlandschaft zwischen Stuttgart und Ulm, liegt der Schneckengarten von Rita Goller, Anziehungspunkt für Feinschmecker aus Deutschland, dem Elsass und der Schweiz. Ihr Garten, der rund 40.000 Schnecken beherbergt, liegt oberhalb von Münsingen-Rietheim auf einem sonnigen Plateau. In abgetrennten Beeten leben Schnecken unterschiedlichen Alters. Jene, die vier bis fünf Jahre auf dem Häuschen tragen kommen ins „Erntegehege“.

Ab Mitte Oktober beginnen die Schnecken, sich zu „verdeckeln“, das heißt, die Schnecke hat sich ihres Schleims entledigt, ihr Häuschen mit einer schützenden Kalkschicht verschlossen und sich zum Winterschlaf zurückgezogen. „Wenn sich alle verdeckelt haben, sammeln wir sie ein“, sagt Rita Goller, die ausschließlich frische Schnecken verkauft und nur die klassische Weinbergschnecke, auch Albschnecke genannt. Ernte ist also bei ihr einmal im Jahr, im November.

Wie immer ist die Massenzucht nur das halbe Gaumenglück – und für die Schnecke gar keines.

 

„Vielleicht ist Ihnen schon passiert, dass man Sie in einem Lokal gebeten hat, die Häuschen nicht mitzunehmen – für den Fall, dass Sie das wollten“, erwähnt Rita Goller. „Das liegt daran, dass im Inneren gar nicht die echten Weinbergschnecken sondern Zuchtschnecken aus Frankreich stecken.“ Wäre das schlimm? „Die Zuchtschnecken werden innerhalb eines Jahres hochgemästet und leben dichtgedrängt auf kleinem Raum, werden eingesammelt bevor sie sich verdeckelt haben oder auch das erste Mal vermehren konnten, denn geschlechtsreif sind Schnecken erst nach dreieinhalb Jahren. Der Geschmack kaum ausgeprägt, was unter einem Gericht mit viel Knoblauchbutter natürlich nicht auffällt.“

Rita Gollers Schnecken hingegen brauchen die reine Geschmacksprobe nicht fürchten, weshalb experimentierfreudige Köche – darunter Franz Kloker vom Hotel Hirsch in Indelhausen – die gute Qualität nutzen, um neue Variationen zu kreieren. Karamellisierte Schnecken beispielsweise. Aber auch Rita Goller hat ein Büchlein mit Rezepten herausgebracht. Schneckensuppe, Schneckensalat oder auch Schnecken-Gulasch. Dem  Erfindungsgeist sind kaum Grenzen gesetzt.

Schnecken, Foto Foodhunter (3)

Warum schmecken ihre Schnecken so viel intensiver? „Weil sie ein anständiges Leben und ein entsprechendes Alter haben und meine gute Küche genießen dürfen“, lächelt die sympathische Schneckenkönigin. In ihren Gehegen gibt es Löwenzahn, Kerbel, Sonnenblumen und Brennnesseln. Die Weinbergschnecken sind verfressen, lange überleben die Pflanzen nicht. Besonders im Frühjahr muss zugefüttert werden, denn in den ersten Tagen nach ihrem „Winterschlaf“ futtern sie sich ihr Eigengewicht an. So hobelt Rita Goller  je nach Bedarf und Jahreszeit Gurken, Zucchini und Melonen, sät Kräuter und Salat und pflanzt Raps an. Der Tisch für ihre Tierchen ist reich und vor allem abwechslungsreich gedeckt..

„Servieren Sie die gekochten Schnecken doch in ausgehöhlten Champignons statt sie zurück ins Häusle zu stecken.“

Rita Goller weiß um die Möglichkeiten ihres Grundproduktes – nur viele Köche wissen es nicht. Da gibt sie dann gerne Nachhilfe in Zubereitung und raffinierter Weiterverarbeitung. „Es lassen sich so viele Gerichte mit Schnecken zaubern. Ravioli gefüllt mit Schnecken oder Schneckenkartoffeln, Schneckentarte oder Schnecken in Bierteig. Ich finde sie auch wunderbar zu Champignons. Dann einfach die gekochten Schnecken nicht im Häusle, sondern  in ausgehöhlten  Champignons servieren

Seit 12 Jahren züchtet Rita Goller Schnecken, ein Hobby, das viel Arbeit, aber wenig Lohn bringt, weil Produkt und artgerechte Aufzucht im Vordergrund stehen. „Wenn Schnecken naturtreu gehalten und zur richtigen Zeit zum Verzehr angeboten werden, schenken sie auch einen ausgeprägten Geschmack.“ Zur artgerechten Haltung gehört viel Platz, denn Schnecken vermeiden tunlichst über die Schleifspur eines Artgenossen zu streifen.  Wie isst sie ihre Schnecken eigentlich am liebsten?  „Zweieinhalb Stunden im Wurzelsud gekocht. Ganz pur .“

Mehr über den Schneckengarten finden Sie unter www.albschneckler.de

Schnecken, Foto Foodhunter (1)
Rita Goller und ihre 40.000 Tierchen. Sehr idyllisch, der Schneckengarten. Foto Foodhunter

 

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