Als männliches Symbol mag der Rest der Welt den Eiffelturm betrachten – die Franzosen selbst sehen in ihrem Wahrzeichen eine Frau. „Es heißt schließlich „la“ Tour“, sagt Joaquim Soares, seit über 25 Jahren mit jeder Eisenverstrebung des 324 Meter hohen Wahrzeichens vertraut. Er gehört zu dem Team von 250 Mitarbeitern, die tagtäglich hinter den Kulissen des Eiffelturm agieren.
Autor Sabine Ruhland, Fotos Foodhunter
„Als ich vor über einem Vierteljahrhundert meine ersten Berufsjahre auf dem Eiffelturm absolvierte, kamen 3,5 Millionen Besucher pro Jahr. Heute sind es fast doppelt so viele“, sagt Joaquim, der vor Stolz einen fast federnden Gang hat und stets ein Lächeln im Gesicht trägt. Und das, obwohl die verantwortlichen Mitarbeiter mit ihrer erdbraunen Tour-Eiffel-Uniform – passend zum Anstrich des Turms – täglich Hunderte von Fragen über sich ergehen lassen und für Fotos posieren müssen. „Nein, das nervt mich gar nicht“, lächelt der sympathische Chef der Sicherheit. „Von mir gibt es so viele Bilder im Internet – ich bin schon fast genauso berühmt wie der Eiffelturm selbst.“
Das Pariser Wahrzeichen hält insgesamt 250 Arbeiter auf Trapp. So werden regelmäßig alle 2,5 Millionen Nieten durch Schrauben ersetzt. Auch der Rost nagt an der eisernen Lady. Alle sieben Jahre wird der Turm neu gestrichen. Dafür braucht es 25 Maler und rund 50 Tonnen Farbe.
Wenigen fällt auf, dass die Farbe abgestuft ist, unten dunkel und nach oben hin heller – und sie wechselt: Zur Fertigstellung 1889 zierte „Venedig-Rot“ den über 7.000 Tonnen schweren Eiffelturm, 1899 war es „Gelb-Orange“, und seit den 60er Jahren ist es „Eiffel-Braun“. Aber es hat sich noch mehr geändert: Die ersten beiden Jahre seiner Berufslaufbahn saß Joaquim Soares sogar noch selbst hinter dem Steuer des Personenlifts. In einer kleinen Kabine unterhalb des Gästefahrstuhls. Heute übernimmt das moderne Technik, doch aus Nostalgiegründen wurde eine Attrappe unter dem Fahrstuhl befestigt. „Viele Menschen denken, das wäre ein Gag, aber früher waren es tatsächlich die Liftkapitäne wie ich, die für den Transport zuständig waren.“
Die VIPs kommen „nach Ladenschluss“
Wenn Präsidenten oder Hollywoodschaupieler auf den Eiffelturm wollen, geht das nur nach Beendigung der offiziellen Öffnungszeit. Meist im Sommer und mitten in der Nacht. „An starken Besuchertagen kommen bis zu 28.000 Personen, wie sollten wir da für Prominente absperren? Unmöglich.“ Also gibt es Privatführungen und es war Joaquim, der beispielsweise Tom Cruise weit nach Mitternacht auf den Eiffelturm führte. Der Anblick nicht nur für die VIPs ergreifend. Auch Joaquim gerät ins Schwärmen. „Seit 28 Jahren bin ich hier, aber auch ich kann mich nicht satt sehen – es ist ein solches Vergnügen, hier zu arbeiten.“
La Tour Eiffel, Öffnungszeiten und Preise:
2. September – 14. Juni: –
Aufzug von 9.30-23.45 Uhr (letzter Aufstieg 23 Uhr, zur Spitze 22.30 Uhr)
Treppe von 9.30-18.30 Uhr (letzter Aufstieg 18 Uhr)
15. Juni bis 1. September:
Aufzug von 9.30-0.45 Uhr (letzter Aufstieg 24 Uhr, zur Spitze 23 Uhr)
Treppe von 9.30-0.45 Uhr (letzter Aufstieg 24 Uhr)
Hinter den Kulissen des Eiffelturms, nach Reservierung Tel. +33 (0) 8 25 05 44 05.
Mail: visite@cultival.fr
www.cultival.fr/fr/tour-eiffel
„Scintillement“, das Funkeln der Sterne
Besonders stimmungsvoll ist es am Abend, wenn sich die Grande Dame in ihr goldenes Abendkleid hüllt. Hunderte von Strahlern bringen La Tour Eiffel zum Erglühen und zu jeder vollen Stunde (ab 19 Uhr) setzt die Stadt noch einen 5-minütigen Glitzerregen obendrauf. „Scintillement“, das Funkeln der Sterne nennen die Franzosen die flirrenden Lichter, die zu Tausenden den Turm umspielen.
Wer den Eiffelturm abends lieber aus einem anderen Blickwinkel und in voller Anmut betrachten will, hat den schönsten Blick vom Trocadero aus. Da stehen sie dann, die Bewunderer aus allen Teilen der Welt, die Verliebten, die Maler, die Träumer. Er hatte also Recht, der Erbauer Gustave Eiffel, der sich einst sich heftig gegen einen Proteststurm der Pariser bezüglich „architektonischer Bedrohung“ wehren musst. Eiffel, seiner Zeit weit voraus, sprach von der „Anziehungskraft des Kolossalen“, ähnlich wie bei den ägyptischen Pyramiden: „Der Turm ist das höchste jemals von Menschen errichtete Bauwerk und wird ebenso grandios auf die Menschen wirken wie die Pyramiden.“