„Normalerweise trinke ich keinen Rosé, aber dieser gefällt mir.“ Mehr als einen Mann haben wir das sagen hören, wenn Rosé Sophia ins Glas fließt, der maskuline Rosé von Sven Nieger aus Baden, der statt weicher, floraler Noten mit Ross und Leder in die Nase steigt, mit viel Mineralität und vor Kraft strotzend in die Kehlen strömt und dennoch am Gaumen einen seidigen Schmelz hinterlässt.
Autorin Sabine Ruhland, Fotos ©foodhunter
Das Weingut von Sven Nieger ist keines im klassischen Sinne, sondern ein Einfamilienhaus, weshalb er sich notgedrungen als Garagenwinzer bezeichnet. Was für die Presse ein gefundener Aufmacher, ist ihm allerdings längst zu eng. 15.000 Flaschen pressen, lagern, kühlen, umfüllen, etikettieren und versenden und das in zwei Garagen. Ohne den Rückhalt der Familie – finanziell wie personell – nicht zu schaffen. Denn Sven Nieger ist kein Sprössling einer Winzerdynastie, was angesichts der badischen Adresse naheliegend wäre, sondern der heiß ersehnte Nachwuchs, der sich schlicht für den Beruf Winzer entschieden hat.
„Alle stellen sich den Beruf des Winzers so romantisch vor“, sagt die Mutter von Sven während sie bei 38 Grad im Schatten in der zwar deutlich kühleren, aber etwas stickigen Garage steht und den Versand vorbereitet. „Ist er aber nicht.“ Wir glauben ihr aufs Wort. Wenn nicht Gutshaus und Kellerei vorhanden, nicht einmal Kredite von der Bank für Jungunternehmer im Spiel sind, ist im wahrsten Sinne des Wortes „Rücken krumm machen“ angesagt. Da erübrigt sich das mit der Romantik.
Doch Sven wollte Winzer werden, hat alle Ausbildungen und Lehrjahre bei Nägelsforst, Doijn, Salomon Undhof, Framigham Estate Blenheim, Neuseeland und Peter Siener hinter sich und ist mit blitzenden Augen dabei, klassische Rieslinge und Spätburgunder mit neuer Handschrift zu versehen.
Jäger der fast verlorenen Schätze.
Sven Nieger mag nicht machen, was alle machen, will keine marmeladigen Spätburgunder oder auf Durchschnittsgaumen getrimmte Rieslinge. Charakter dürfen seine Weine haben, Ecken, Kanten. Pur liebt er es, ungeschönt, viel Mineralität, so wenig Schwefel wie möglich. „Mein Ziel ist es, irgendwann ganz ohne Schwefel auszukommen“, sagt er.
„Die neuen Schätze Badens“ – so sein Slogan. Sieben Hektar besitzt Sven inzwischen, denn Winzernachwuchs ist rar, Genossenschaftswinzer geben auf, die Weinberge gehen günstig weg. Herrliche Lagen konnte er ergattern, Umweger Stich den Buben oder Klosterbergfelsen mit 40-50 Jahre alten Reben, die nicht viel Masse aber umso mehr konzentriertes Traubenleben bieten. „50 Hektoliter Wein auf einen Hektar Reben, das ist auch eines meiner Zlele“, lächelt er. Momentan liegt er weit darunter, weil er so viel rausschneidet. Opfer seines Anspruchs.
Wir kosten den Riesling Umweger Stich den Buben 2014, geboren auf Granit und Sandstein. Säurelastig, knackig, puristisch. Ein Hauch von gelber Frucht, Nuancen von Birne und Quitte.. Zwei Gramm Restzucker, da ist es wieder spürbar, das Karge. Ein Jahr kann der noch gut vertragen. (Ca. 15 Euro).
Der Riesling Varnhalt Klosterbegfelsen ist sein persönlicher Liebling, Toplage, Granit und Buntsandstein. Steilhang, ohne Kettenfahrzeug geht da nichts mehr. Premiere war mit dem 2012er Jahrgang. Knochentrocken auch dieser Wein, heftig mineralisch, aber auch muskulös und spannend, denn er will vom Gaumen erspürt und erobert werden. Nichts für unerfahrene Riesling-Trinker. (Ca. 20 Euro).
Wir dürfen den 2014er kosten, schon in der Flasche, aber noch ohne Etikett. Das lange Hefelager, hier tritt es deutlich in den Vordergrund.
Weil ihm der Mauerberg ‚misslang‘ brachte er ihn als Underdog heraus. Für Kenner ein Glücksfall.
Mauerberg, auch so eine Lage, die Kenner hellhörig macht. Sven Nieger hatte Großes vor und dann ist der Riesling bei der Gärung plötzlich ins Stocken geraten. „Ich lasse alle Weine spontan angären und gebe dann sparsam dosiert die Hefe dazu, damit sie durchgären. Außerdem liebe ich ungeschönte Weine, etwas Gelatine zum Klären, das soll’s aber auch gewesen sein.“
Sein Mauerberg war dennoch nicht verloren, aber eben kein „Nieger-Sieger“. So wurde das zarte Tröpfchen ein Underdog mit feiner Säure, den Aromen von Aprikosen und einer leichter Citrusnote Die Kritiker waren angetan, der Underdog schnell ausverkauft.
Wir verlassen Sven Nieger nicht ohne den Rosé Sophia im Gepäck, den wir am Abend Bekannten kredenzen. Was hören wir? „Eigentlich mag ich keinen Rosé, aber dieser haut mich um.“ Wussten wir’s doch.
Gartenstraße 21
76534 Varnhalt
Öffnungszeiten: Fr 14-18 Uhr, Sa 10-17 Uhr oder nach Vereinbarung
http://www.sven-nieger.de