„Große Weine sind nie laut, sondern leise, elegant und vor allem leicht“, sagt Roman Niewodniczanski, Besitzer des Weinguts Van Volxem. Maximal 12,5 % vol. dürfen seine Weißweine haben. Der Hüne mit dem unaussprechlichen Namen, dessen erklärungsreiche Sätze oft mit den Worten beginnen „Ich will, dass Sie verstehen, was ich hier mache …“, ist weit mehr als ein Weingutsherr, er ist der Hüter der Bestlagen, der Tradition und damit auch der Zukunft. Die besten trockenen Rieslinge der Saar macht er, neidlos hochgelobt von seinen Nachbarn wie Markus Molitor oder Günter Jauch.
Autor Sabine Ruhland, Dirk Vangerow, Fotos ©foodhunter
Als wir ihn in seinem traumhaft renovierten Winzerhaus treffen, kommt er gerade vom Notartermin, dem sechsten an diesem Tag. Denn wenn Roman Niewodniczanski einen Weinberg haben will, dann scheut er sich nicht, von Haus zu Haus zu gehen und die Besitzer zu überzeugen, ihm die brachliegenden Flächen zu verkaufen. Da kommen dank seiner Hartnäckigkeit schon mal 60 Ex-Eigentürmer zusammen. Der von Birken überwucherte und aufgrund seiner Steilheit seit Jahrzehnten brachliegende Geisberg war es in diesem Fall. Damit erweitert sich die Rebfläche von Van Volxem auf 70 ha.
„Irgendwann haben die Winzer an der Saar leider aufgegeben“, erzählt der gelernte Wirtschaftsgeograf, Betriebswirt und Quereinsteiger, „schade, denn früher war Wein aus dieser Region als Luxusgut gehandelt.“ Er verschwindet kurz mit den Worten. „Warten Sie, damit Sie verstehen, was ich meine …“ und kommt mit einem Stapel original Speisekarten und Winzerlektüre anno 1900-1940 zurück.
Saar-Sekte, so teuer wie Champagner, ein Van Volxem preislich gleichauf wie die Großen aus Bordeaux … So kostete eine Flasche 1893er Van Volxem Scharzhofberger 10 Goldmark (ebenso wie ein Forster Freundstück von 1880) während ein 1892er Château Yquem mit 7 Goldmark auf der Karte stand oder ein 1891er Cheval Blanc mit 5,50 Goldmark.
Wenn er in diesen alten Dokumenten schmökert vergisst er die Zeit, dann philosophiert er über Wein, dessen Harmonie und Struktur und über unbedarfte Winzer, die mit Chemie à la synthetischer Pfirsichnote jedem Wein das Rückgrat brechen. Roman Niewodniczanski und sein genialer Dominik Völk lassen ihre Weine ungeschönt reifen, weil sie ihnen zur vollkommenden Schönheit ohnehin jahrelang alles angedeihen lassen.
Lage, Lage, Lage. Das einzige, das nicht geändert werden kann.
Reben lassen sich austauschen, Böden sich optimieren. Nur eines ist unveränderbar: die Lage. Süden oder Südwesten, keine andere Ausrichtung kommt für Roman Niewodniczanski in Frage. Heiße Tage, kühle Nächte, um den Trauben Zeit zur Erholung zu geben. Gottesfuß, Scharzhofberg oder Geisberg – er will das Beste, um das Beste daraus zu machen und sucht und findet seit Jahren hunderte Parzellen in den besten Steillagen.
Roman Niewodniczanski macht vieles selbst, er macht es nicht alleine, hat sich den besten Kellermeister und Sektmacher geholt, aber überwacht und leitet jeden Schritt, ist fast täglich im Weinberg, bei jeder Fassprobe präsent – wie auch bei jedem Weintasting. Foodhunter trifft ihn München wie in St. Martin. Der beste Verkäufer seiner Weine? Nur er selbst. „Nur die absolut besten Weinhändler und Gastronomen sind unsere Partner.“ Er sucht sie aus. In München gerade mal Tantris und Dallmayr. Keine Kompromisse, auch hier nicht.
Dabei könnte er es einfacher haben, entstammt er doch einer Eifeler Unternehmer-Dynastie, die mit Mineralwasser und Bier Größe erlangte. Doch Roman Niewodniczanski ist die Konfrontation mit dem Rest der Familie eingegangen und hat sich der in ihren Augen brotlosen Kunst des Weinmachens verschrieben.
„Ich bezahle nicht dafür, dass jemand meinen Wein in eine nicht nachvollziehbare Punkteskala einordnet.“ Entspannte Ansage.
Neulich waren Sommeliers aus Skandinavien bei ihm. Er hat sie empfangen und es folgte eine ausführliche Verkostung. Seinen Wein kriegen sie trotzdem nicht. Ihn interessieren auch nicht die Rankings diverser wie zugleich renommierter Verlage. Weine liefern und Antrittsgeld bezahlen, damit irgendwer seinen Wein testet und bewertet? Niemals. Er lässt sie gar nicht rein. Falstaff, Feinschmecker & Co loben seine Weine trotzdem über den grünen Klee.
„Das Gute findet immer seine Kunden“, sagt er und klingt dabei alles andere als arrogant. – Sein Handy piept fast ununterbrochen. Mails aus allen Teilen der Welt gehen ein, Genießer, die mit Begeisterung seinen Wein gekostet haben und kaufen möchten. Versand weltweit? „Machen wir hier selber“, schmunzelt er. Das hatten wir uns schon gedacht.
„Der Einstiegswein muss perfekt sein, denn an der Basis misst sich die Qualität aller Weine des Weinguts.“
Was ist es, was diesen Wein so unendlich elegant und leichtfüßig macht? Ihn zu den besten Rieslingen der Saar erhebt und gar vielleicht zu einem der besten Rieslinge der Welt? Erstens: die Lage,. Zweitens: die Grundbedürfnisse der Terroirs. Böden und Reben müssen eine Einheit bilden, „dann bekommt der Wein automatisch seine Struktur und seinen unverwechselbaren Charakter“. Hat er einen verlassenen Weinberg gekauft, bringt er den Boden in Ordnung. Oft müssen Schutt oder lehmige Mutterböden, abgeladen aus Bauprojekten, mühsam abgetragen werde. .„Mancher Weinberg hat zigtausende Euro verschlungen, bis überhaupt der wertvolle Schiefer im Ur-Boden wieder vorhanden war“, erzählt er während wir mit Karacho und dem Jeep durch die Steilhänge der Saar rauschen. Danach Reben setzen. 5 Jahre bis die ersten Trauben geerntet werden können, 20 Jahren bis es Spaß macht. 18 Mitarbeiter arbeiten im Steilhang einen Tag, um 1 ha zu bearbeiten. Trauben selektieren, fehlerhafte Trauben entfernen. Alles aufwendige Handarbeit. Auch die Lese in der Steillagen – stellenweise fast 100 % Steilheit – ein Knochenjob, der im Vergleich zur Mosel an der Saar ohne Monorack-Bahnen oder Traktoren durchgeführt wird. Dass angesichts dieses Aufwands ein sensationell eleganter Saar-Riesling von Van Volxem schon für 11,90 Euro zu bekommen ist, erscheint fast unglaublich.
Gerade wird ein neuer Keller gebaut. Bestückt mit dem besten Eichenfässern aus Familienwäldern. Die Frage stellt sich nicht, wer höchstpersönlich die Eichen für die Fässer ausgewählt hat.
Van Volxem macht sich startklar. Roman Niewodniczanski denkt nicht in einem Leben – so wie sein Vater, der eine der wertvollsten Landkarten-Sammlungen der Welt hinterlassen hat – wird auch er etwas hinterlassen. Gernerationenübergreifende Nachhaltigkeit. Diese Weine werden die Saar wieder in den Fokus der Weinkenner rücken. Nicht nur seine „alten“ Nachbarn unterstützen ihn dabei – mit Molitor wird er den Geisberg bewirtschaften – auch Investoren fragen nach, wollen ihm nur zu gerne ein paar Meter Weinberg abkaufen. „Wenn ich sicher bin, dass neue Winzer kommen, die neue, beste Qualitäten erschaffen werden – warum nicht? Es kann uns allen nur zuträglich sein, wenn diese Region wieder ganz oben mitspielt.“ Championsleague …
Roman Niewodniczanski
Dehenstr. 2
54459 Wiltingen / Saar
Tel. +49 (0)6501-16510
www.vanvolxem.com