von foodhunter
Kategorie: Restaurants

Restaurant Lyle’s in Shoreditch

Restaurant Lyle’s in Shoreditch

Britannien auf dem Teller: Wild gewachsene Holunderbeeren liegen auf einem Stück Fleisch vom glücklichen Tier. Einfach zubereitet, eindeutig im Geschmack und übersichtlich aufgetischt. Das ist Lyle’s, das Restaurant von James Lowe in Shoreditch. Die Gerichte schäumen weder über noch geben sie Rätsel auf, was vorgesetzt wird. Die Küche überzeugt mit klarer Linie  und dem Einsatz von simplen Produkten, kreativ kombiniert.

Autor Carola Kühnl

Großgeworden ist James Lowe im Restaurant St. John von Fergus Henderson. Dessen Küche in England einst die erste war, die Hals über Kopf alles vom Tier in den Kochtopf schmiss und bis heute Knochen auskocht und mit geröstetem Mark serviert. Weiß gekalkte Decken, weiß gestrichene Wände, helles Mobiliar, einer Werkstatt gleich, mit offener Küche, so zeigt sich Lyle’s. Der Charakter erinnert stark an St. John, doch in der Namensfindung ging James in der Vergangenheit weiter zurück. Er gab dem Lokal den Mädchennamen seiner Mutter, das er im Frühjahr 2014 gemeinsam mit seinem Partner John Ogier eröffnete.

Lyles London, ©foodhunter
Muscheln im kalten Sud. Leicht temperiert wäre harmonischer und die Würze betonter.

James bekennt sich gerne zu Traditionen. Lyle’s serviert Frühstück, Lunch und Dinner. Dazwischen Kaffee, Wein und Prickelndes. Mittags gibt‘s die Speisekarte und abends ein Menü, das auch zu Vegetariern passt. Die Auswahl an Speisen und Getränken ist reduziert, daher konzentriert. Dem Service sind Gäste mit Allergie und Intoleranz willkommen, man lernt dazu anstatt den Blick „bitte nicht ansprechen“ aufzusetzen. In jeansblauer Metzgerschürze wirkt er unaufgeregt und ist dezent zurückhaltend, was ihn so sympathisch macht.

 

Der Chef steht auf Basics und grillt am liebsten auf offenem Holzfeuer. Wenn möglich, in freier Natur. Dort, wo er selbst jagen geht.

 

Die frischen Zutaten für die Mahlzeiten holt er sich aus der Umgebung oder bedient sich aus einem lückenlosen Netzwerk von Farmer und kleinen Produzenten. Die Lyle’s Küche ist eine Handwerkerstube für Feines, die Menüabstimmung erfordert Geschick in den Fingern, Gespür für die Lebensmittel und Ideen für wahren Genuss.

Jetzt zu meinem Menü:  Als Starter gibt es gegrillten Maiskolben, dessen natürliche Süße ein Honigüberzug verstärkt. Gefolgt von Muscheln im kalten Sud. Kritik am Rande: leicht temperiert wäre harmonischer und die Würze betonter. Optisch gesehen kam als erster Teil des Dinners eine Kraftbrühe mit Einlage auf den Tisch. In der Tiefe des Geschmacks gesprochen aber war es das Gelbe vom Ei! Ein gehaltvoller Pfifferling-Fond mit Girolles, Ei und Rucola bedeckten den Boden des Suppentellers. Dass dieser gleich zwei kaputte Stellen im Porzellanrand hatte, war zwar offensichtlich, aber meine Aufmerksamkeit galt mehr dem Geheimnis der klaren Suppe. Wer viel im Umlauf ist, ist eben angeschlagen…

 

 Bis zum letzten Bissen sah ich dem Fisch ins Auge

 

Der Gang zum Fisch lässt die Wahl: Kopf oder Filet? Ich entscheide mich für die HAUPT-Sache. Der Kopf vom Seelachs liegt vor mir in grüner Bohnensauce mit einem Hauch Zitronenverbene. Bis zum letzten Bissen sehe ich dem Fisch ins Auge und bedanke mich für die fetten, reschen Backen. Ein ordentlicher Schluck vom Franciacorta im Nachgang brachte den Lachs in mir zurück in belebte Gewässer.

Lyles London, ©foodhunter
Kopf oder Filet? Im Lyle’s durchaus die Frage

Die Hauptspeise, ein Filetstück vom Dexter-Rind mit Holunderbeeren und Zwiebelpüree. So unspektakulär wie auf der Karte angekündigt, wird aufgetragen: ein rosafarbenes Meisterstück lässt sich nicht in Worte fassen. Das Püree mit starker Note hat die Konsistenz von Creme-Fraiche und für mich den Titel Götterspeise verdient. Der Nachtisch gibt sich klassisch, daher auch schwarz weiß: Vanille-Eiscreme mit schwarzen Johannisbeeren. Nicht abenteuerlich, aber gut. Auch der Preis für das Menü mit 44 Pfund pro Person.  Beim Britischen Käse von Neal’s Yard Dairy zum Abschluss muss ich passen, mein Magen ist bereits geschlossen…. Eigentlich, denn für den Nachhauseweg gibt es einen Schokotrüffel…

James Lowe stand schon im „NOMA“ (Kopenhagen, mehrfach als bestes Restaurant der Welt ausgezeichnet) am Herd und mischte bei „Fat Duck“ (England, 3 Michelin-Sterne) mit. Seine Küche im Lyle’s ist wirklich großes Kino, ohne viel Theater.

[container]Lyle’s 
Tea Building, 56 Shoreditch High Street, London, E1 6JJ 
Mo-Fr  8.00 – 23 Uhr, Sa 12 – 23 Uhr. Lunch 12 -14.30 Uhr,, Dinner 18 – 22 Uhr
www.lyleslondon.com[/container]

Lyles London
So pur das Essen, so pur das Interieur

 

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