Am Pilzstand von Renate und Bianca Zollner auf dem Viktualienmarkt warten mehr Früchte des Waldes, als vermutet.
Fast schon giftig orange leuchtet uns der Kaiserling an, schält sich nur unfreiwillig aus der weißen Schale, die ihn umgibt. Auch die schwarzen Herbsttrompeten erwecken nicht den Eindruck vom sanftmütigen Pilzlein und die Fette Henne scheint eher den Tiefen des Meeren entsprungen zu sein.
Autorin Sabine Ruhland,
Fotos ©foodhunter
Sie gehören seit Jahrhunderten zur begehrten Nahrung, wurden im Altertum bei den Römern in Gold aufgewogen – feine Speisepilze
Damals meist vom Hausherrn höchstpersönlich zubereitet und auf feinen Silbertellern serviert. Sogar eine Hymne auf den begehrtesten Pilz jener Zeit, den Kaiserling, wurde von Kaiser Tiberius hoch bezahlt.
Zu Recht, denn wer dieses feinen Speisepilzes habhaft wird, darf sich auf einen exquisiten Geschmack freuen, der dem allseits hochgelobten Steinpilz durchaus Konkurrenz macht. Dass wir ihn dennoch so gut wie nie auf Speisekarten finden und kaum auf Märkten, liegt an seiner Seltenheit.
Der Kaiserling ist in unseren Gefilden vom Aussterben bedroht, lediglich in Süd- und Osteuropa und Teilen Frankreichs werden Sammler fündig.
Der Kaiserling braucht lichte Wälder und viel Wärme, gedeiht bevorzugt unter alten Eichen oder Kastanien. Zu erkennen ist er an seinem kugelrunden, glatten, orangefarbenen Hut und den gelben Lamellen.
In einem sehr alten Kochbuch ist zu lesen: „In eine Fleischbrühe mit Wein gib ein Bündelchen grünen Korianders. Wenn es zu kochen beginnet, nimmst du das Bündelchen heraus und gibst die Kaiserlinge hinein.“
Wir raten, den Kaiserling roh zu essen: in dünnen Scheiben über frischer Pasta entfaltet der sanft erwärmte Pilz sein nussiges Aroma. Wem das „zu pur“ ist, der sollte den Pilz in Butter und Olivenöl goldbraun anbraten, etwas Salz dazu, am Schluss ein Schuss Mineralwasser. Eine schnell gemachte, raffinierte Pilz-Pastasoße, die durch das Aroma der Kaiserlinge anspruchsvollste Gaumen begeistert.
Angesichts dieser Exklusivität ist es auch für Renate Zollner ein Glücksgefühl, wenn sie ein, zwei Körbe der seltenen Ware ergattert. „In unserem Geschäft musst du immer schneller sein als die Konkurrenz“, sagt sie, seit 4 Uhr früh auf den Beinen. Dafür offeriert ihr Stand auf dem Viktualienmarkt Ware, die kaum älter ist als 12 bis 24 Stunden und wenn möglich aus Bayern stammt.
Pilze halten sich grundsätzlich nicht lange, werden schnell matschig, fallen zusammen oder trocknen aus.“
Umso erstaunlicher, dass die Prachtexemplare von Steinpilzen halbiert wurden. „Ich weiß“, sagt Renate Zollner, „die Italiener würde es da schütteln, aber der deutsche Kunde will sichergehen, dass der Pilz nicht wurmstichig ist, also schneiden wir ihn durch.“
Übrigens gilt bei den großen Exemplaren der ausgeprägte grüne Schwamm als hervorragender Aromaträger – daher nicht wegschneiden!
200 g Pilze pro Person für ein Hauptgericht, 100 g für eine Beilage.
Delikaten Geschmack und spektakuläres Äußeres präsentiert die schwarz-graue Toten- oder Herbsttrompete, in Italien gerne als „Trüffel des armen Mannes“ bezeichnet. In Butter geschwenkt, mit Petersilie und Schnittlauch bestreut, ist sie das Tüpfelchen auf dem „i“ für raffinierte Gerichte.
Eher seltener findet der Pilzfreund die Krause Glucke, auch Fette Henne, mit Ausmaßen eines Blumenkohls und der Optik eines Badeschwamms. Sie wächst an Stümpfen von Nadelbäumen und besitzt ein Fleisch, das roh etwas knorpelig und gummiartig ist, doch mit aromatischem Geruch. Zubereitet ist die Krause Glucke angenehm bissfest und von sehr gutem Geschmack, ähnlich der Speisemorchel. Dank ihres unkonventionellen Äußeren verleiht sie vor allem Pilzpfannen mit Mischpilzen das gewisse Etwas. Frisch ist sie, wenn ihr Fleisch das cremige Weiß vom Blumenkohl besitzt.
Was allen Waldpilzen im Vergleich zu Zuchtpilzen gemeinsam ist: das Säubern.
„Liebe an der Natur müssen Sie beim Genuss frischer Waldpilze schon haben“, sagt Renate Zollner. „Sehen Sie das Säubern als Ritual, ähnlich wie das Schnipseln von Gemüse für Wokgerichte. Dabei die Pilze vorsichtig mit einem Pinsel von Moos-, Gras- und Erdresten befreien.“
– Eine Arbeit, die Zuchtpilze kaum erfordern. Champignon, Austernpilz, Shiitake und Kräutersaitling liegen blitzsauber in den Schütten. Letzterer ist es übrigens, der derzeit häufig von sich reden macht, von mehr und mehr Restaurants entdeckt wird.
Keine Frage, er schmeckt vorzüglich – aber nur, wenn nicht tags zuvor frische Waldpilze auf dem Speiseplan standen, dann wird der Unterschied zwischen wildem Pilz und Zucht überdeutlich.
Kann man Pilze aufwärmen?
Ja, wenn Wildpilze innerhalb von 24 Stunden verbraucht werden. Das heißt, was vom Essen übrig bleibt, muss über Nacht in den Kühlschrank und kann am nächsten Tag durchaus aufgewärmt gegessen werden.
Kann man Pilze einfrieren?
Ja. Tipp: dünn aufschneiden, einfrieren und auch eingefroren in die Pfanne geben. Nicht vorher aufwärmen, dann wird er schleimig.
Zu guter Letzt hat uns die Oberpfälzerin noch ihr Hausrezept verraten: Zunächst einen essigsauren Sud zubereiten (Wasser und Essig im Verhältnis 2:1, den Saft einer halben Zitronen dazu, 4-5 Wacholderbeeren, Prise Salz und 2-3 Zwiebeln, in Ringe geschnitten.) Den Sud 20 Minuten köcheln lassen. Dann Pilzmischung dazugeben und weitere 20 Minuten köcheln und eindicken lassen. Fertig.