„Die ökologische Landwirtschaft ist mein Lebenstraum“, sagt Werner Mützel, der seinen Tiere doppelt so viel Auslauf schenkt wie für einen zertifizierten Biobetrieb vorgeschrieben. Gut Kerschlach liegt zwischen Ammersee und Starnberger See und in allen Produkten findet sich der Respekt vor der Natur wieder.
Autor Karin Lochner, Fotos Peter von Felbert
Münchner Viktualienmarkt. Im Tölzer Kasladen gehen der Frischkäse und der Hopfenkäse von Gut Kerschlach weg wie warme Semmeln. Beide Käse schmeicheln dem Gaumen und hinterlassen angenehme Röstaromen. Frankfurt, ein schickes Büro. Die Geschäftsführerin kauft regelmäßig bei Manufactum. Schwärmt von der Leberpastete, die es dort gibt. Von Gut Kerschlach. Für so eine Rinderleberpastete lässt sie jede Schokolade stehen.
Alle schwärmen von den Produkten, doch was zeichnet das Gut Kerschlach aus? Auf dem ersten Blick ist es ein moderner Bauernhof zwischen Ammersee und Starnbergersee. 182 Hektar Landwirtschaft, 200 Hektar Forst, 300 Rinder, eine ökologische Milchviehhaltung mit 26 Fleck- und Braunkühen. Auch eine Mutterkuhherde der Murnau-Werdenfelser – eine vom Aussterben bedrohte Rasse – lebt hier. Doch das Anwesen zeigt auch Charme und Nostalgie: Kastanien säumen die Wege, die Weiden leuchten in sattem Sommergrün.
Obwohl viele Besucher zur Hofführung kommen, ist Gut Kerschlach weit entfernt von einem Erlebnispark.
Das gesamte Areal wurde bis in die 1990er Jahre von den Missions-Benediktinerinnen bewirtschaftet, weshalb Gut Kerschlach noch immer etwas Klosterhaftes und Weites hat. Mächtig thronen die Ställe und Wirtschaftsräume auf den oberbayerischen Hügeln, bieten den Tieren Raum und untereinander so viel Nähe, wie sie brauchen. Der Eber reibt sich erst genüsslich den Hintern an den Gitterstäben, dann wühlt er in der Erde. Nachts kuschelt er sich an seine drei Schwäbisch-Hällischen Sauen. Die 26 Ferkel in verschiedenen Wachstumsgraden laufen übermütig durch ihre Gehege. Ihre Ohren flattern wie Fahnen. Die ganz kleinen Ferkel sind so winzig, dass sie durch die Stäbe schlüpfen.
Gut Kerschlach betreibt die Landwirtschaft nach biologischen Grundsätzen. Die Tiere haben doppelt so viel Auslauf wie für einen ohnehin strengen Biobetrieb vorgeschrieben.
So ein Anwesen legt man sich natürlich nicht aus der Portokasse zu. All das machten Werner Mützel erst seine Millionen möglich. Der Verleger hat sich mit Gut Kerschlach einen Traum erfüllt. Seine Großeltern mütterlicherseits waren Bauern in Unterfranken. Dort verbrachte der kleine Werner regelmäßig seine Schulferien. Dabei hat er die Liebe zur Natur, zu den Tieren und zur Landwirtschaft gefunden. Ökolandbau war zu den Zeiten seiner Großeltern noch nicht gefragt. Und doch kam Jahrzehnte später nichts anderes für Werner Mützel in Frage. So einfach ist das.
Im Kuhstall darf der Bulle – genau, wie es früher üblich war – noch richtig auf die Kühe.
Er macht den „Natursprung“, wenn die Hormone ihn überkommen, weil eine der vielen Kühe „rindert.“ Was für ein Unterschied zur Befruchtung mit den Pipetten von der Besamungsstation. Was für ein Gegensatz zu den „armen Schweinen“, die auf Betonspalten stehen. Die artgerechte Haltung, die paradiesischen Zustände für die Tiere schmeckt man auch. Der Käse, die Leberpastete, der Joghurt und die anderen Köstlichkeiten aus der eigenen Produktion, die man im Hofladen kaufen kann, entstehen mithilfe eines diplomierten Landwirts, eines talentierten Käsers, einer engagierten Melkmanagerin und einer Metzgerei, die durch ihre kurzen Wege vom Stall dorthin ein Minimum an Stress für die Tiere bedeutet.
Gut Kerschlach, 82396 Pähl, Mai bis Oktober: Hofführung an jedem ersten Samstag im Monat, 10-11.30 Uhr, die Teilnahme ist kostenlos.