Schlau, wer schon da ist. „Ick bün al dor!“ ruft der Igel zum Hasen während des Wettlaufs im Märchen, aufgeschrieben von Wilhelm Schröder. Buxtehude ist bekannt als Märchenstadt und liegt in der Urlaubsregion Altes Land, direkt an der Este und nahe des Elbstroms. Mit dem N°4 im Hotel Navigare besitzt Buxtehude ein Gourmetrestaurant, das für Furore sorgt, denn hier kocht Jens Rittmeyer.
Autor Sabine Ruhland, Fotos ©Foodhunter
Es ist noch nicht lange her, da trafen wir Jens Rittmeyer auf Sylt, beim Poloturnier, umgeben von einer illustren Gästeschar und Herr der sternedekorierten Küche im mondänen Budersand Hotel. Jetzt also Buxtehude, nicht gerade der Nabel der Welt. Hier ist er Chef des Restaurants N°4 mit nur vier Tischen, ein Michelin Stern muss neu verdient werden. Jens Rittmeyer strahlt dennoch übers ganze Gesicht als wir ihn zum Interview treffen.
Buxtehude statt Budersand. Warum?
Ich wollte näher bei meinen Kindern sein, die in Niedersachen leben und es einfach Leid waren, immer eine lange Reise auf sich zu nehmen, um mich zu sehen. Und mir ging es genauso. Es war auch an der Zeit, Sylt zu verlassen und eine neue Herausforderung anzunehmen. Das Hotel Navigare ist das erste Haus am Platz, bietet ein familiäres Ambiente und doch die Annehmlichkeiten einen großen Hauses. Darunter auch zwei Restaurants, eines davon das Gourmetrestaurant N°4.
Ist ein Gourmetrestaurant überhaupt gefragt im Alten Land?
Die Region Altes Land & Geest muss sich neu positionieren, denn das Potenzial an hervorragenden Produkten und Produzenten ist groß. Ein erster Schritt, um darauf aufmerksam zu machen, ist ein sehr gutes Restaurant. Das zieht ein qualitätsbewusste Publikum an und genau das brauchen wir.
Also hätten Sie nichts gegen “Konkurrenz”?
Im Gegenteil. Ein Ort, an dem sich viele interessante Adressen für eine anspruchsvolle Klientel befinden, zieht diese auch an. Eine Adresse alleine kann da nur den Anfang machen.
Das Restaurant N°4 hat nur vier Tische – da lässt sich nicht gerade eine größere Menge an Gästen bewirten…
Klein, aber fein. Zudem organisieren wir Farm to Table, ein Sommer Pop-up gemeinsam mit dem Biohof Ottilie. Ein ebenfalls kulinarisch außergewöhnliches Erlebnis für Gäste.
Wann findet Farm to Table statt?
An neun Abenden. Drei im Juli, sechs im August. Die kommenden Termine sind der 2../3./4. August und der 9./10./11. August.
Was möchten Sie als Koch bewirken?
Ich habe bereits ein gutes Netzwerk im Alten Land aufgebaut und mit dem Biohof Ottilie einen perfekten Partner gefunden. Wir werden die Produktqualität dieses Landstrichs in den Mittelpunkt rücken.
Die Karten kosten 275 Euro, das ist selbst für Münchner Verhältnisse kein kleiner Preis.
Ja, aber die Gäste bekommen viel für ihr Geld. Wir bauen eigens eine Küche in der alten Scheune auf, servieren unzählige Gänge, Weine und alkoholfreie Getränke sind inklusive. Zudem gibt es einen kostenfreien Transfer vom Hotel Navigare zum Biohof Ottilie und zurück.
Wer von Jens Rittmeyer schwärmt, schwärmt auch für Ihre Saucen. Woher kommt Ihre Passion für Saucen?
Ich war schon als Kind ein Saucenfanatiker, habe unter Anleitung meiner Mutter und Großmutter Tomatensuppen und Gulasch gekocht. Vor allem die Sauce aus Kaninchen war ein Gedicht. Wir hatten ja auch alles zu Hause, Gemüse, Obst, Hühner, Kaninchen. Es war normal, dass Purzel eines Tages nicht mehr da war. Am Wochenende gab’s Hausschlachtung mit einem Schwein vom Nachbarn. Ich werde diesen Duft nie vergessen, wenn frisch Wurst gemacht wird. Wunderbar!
Diese Leidenschaft wurde professionalisiert.
Ja. Saucen sind der Mittelpunkt fast aller Gerichte, das vergessen viele. Der Saucier besetzt daher in einer Küche die Königsdisziplin. Dieter Müller auf Schloss Lerbach hat schnell erkannt, dass ich Saucen richtig gut kann – und mich weiter gefördert. Auch in punkto Qualität. Wir haben damals Rotweine für 25 Euro die Flasche in die Saucen gegeben. Ein wirtschaftlicher Wahnsinn, aber die Saucen waren unschlagbar. Außerdem mussten immer 100 Liter Kalbsfond im Kühlhaus vorhanden sein.
Eine Sauce, die Sie nachhaltig beeindruckt hat?
Die Senfkornsauce von Heinz Winkler. Die mache ich heute noch.
Inzwischen können nicht nur Gäste in Ihren Saucen dippen. Rittmeyer gibt es auch für daheim.
Mit einer guten Sauce kann man Gäste richtig glücklich machen, im Restaurant wie privat. Auf Sylt hatte ich ein Saucenkühlhaus mit 35 Saucen und die Gäste haben immer wieder gefragt, warum sie die nicht kaufen können. So entstand die Idee.
35 Rittmeyer Saucen – braucht es die wirklich alle?
Nun, eine Taube ist keine Ente, ein Reh kein Rind. Jedes Hauptprodukt verlangt nach seiner spezifischen Sauce. Anspruchsvolle Hobbyköche haben das erkannt und motivieren mich sogar. Mein Ziel sind 50 Saucen.
Was tun Sie, um nie die Kreativität zu verlieren?
Reisen. Ein guter Koch ist nie wirklich fertig mit seiner Lehrzeit. Er lernt immer wieder etwas dazu, kann jedes neue Produkt individuell interpretieren, jeden Tipp von anderen für sich nutzen und so seine eigene Handschrift weiterentwickeln.
Ein Traumberuf?
Mein Traumberuf.
Foto: Hotel Navigare, Arne Morgenstern
Hotel Navigare, 4 Sterne
Gourmetrestaurant N°4
Harburger Straße 4
21616 Buxtehude
www.hotel-navigare.com