Ein Areal mit 235 Hektar, über 40 Hallen, 1.300 Unternehmen sowie 30.000 Mitarbeitern und Einkäufern, die nur ein Ziel verfolgen: die besten Produkte aus Frankreich und der Welt an die Kunden bringen. Willkommen bei Rungis in Paris.
Autorin Sabine Ruhland
Fotos © foodhunter
Louvre, Eifelturm, Montmartre …. Für foodhunter steht noch etwas anderes auf der Sightseeing-Liste in Paris: Rungis, der größte Frische-Großmarkt der Welt.
Es gibt wenige Möglichkeiten für Einzelpersonen, Rungis zu besuchen, denn die geführten Touren sind selten – schließlich müssen Tausende Mitarbeiter in aller Herrgottsfrühe arbeiten, verhandeln, verkaufen, verpacken, versenden. – Also kaum Raum und Zeit, um neugierigen Touristenströmen das Einmaleins der Qualität zu erklären.
Dank der Unterstützung von Atout France dürfen wir uns Top-Köchen aus Dubai und Saudi-Arabien anschließen und mit ihnen vier Stunden diesen einmaligen Großmarkt begehen. – Dass wir für den Besuch in Rungis um 3 Uhr in der früh aufstehen müssen, stört uns überhaupt nicht – die Vorfreude ist größer.
Unsere Reiseleiterin an diesem Morgen – um 4 Uhr ist Treffpunkt im „A la Maree” am Place de Pecheurs – ist Nathalie, deren weißer Cowboyhut ebenso auffällig ist wie ihre fröhliche Art. Sie kommt zu spät, Schnee und Glätte haben Sie aufgehalten. Bis wir starten ist es 4.30 Uhr – für die Fischhalle in Rungis fast schon zu spät.
Als den schönsten Hafen der Welt nur ohne Meer, hat ein berühmter Koch diese Halle bezeichnet.
Für die Fischhändler neigt sich der Arbeitstag bereits dem Ende, seit 22 Uhr des Vorabends sind sie vor Ort, warten auf die Kühllaster, die von den Häfen die ersteigerte Ware nach Rungis bringen, sortieren, stapeln, offerieren und versteigern. Um 5 Uhr früh ist alles gelaufen, die Halle ist fast leer. Was jetzt noch da ist wird dokumentiert, mit Eis bedeckt und kommt in die Kühlhallen.
Was hier als „Rest” gilt, ist für uns ein wahres Schlemmer-Dorado: Schwertfische, Tintenfische, Balfego Blue Fin Thun, Seehechte, Krebse, Jakobsmuscheln, Hummer …
Hier gibt es keine ausgeschriebenen Preise, alles ist Verhandlungssache. Meist bleiben die Einkäufer ihrem Großhändler treu, dann bekommen sie auch die besten Preise. Die Großhändler wissen vorab, was ihre Kunden brauchen und sind darauf eingerichtet. – Sollte der Verkauf nicht klappen, dann allerdings muss die Ware schnell weg – oft zum Schnäppchenpreis”, erklärt Nathalie.
Mit dem Bus geht es zu einer der sieben Hallen für Fleisch – da wird das Herz jeden Vegetariers schwer
Aubrac, Blanc bleu, Blonde d’Aquitaine, Charolaise, Limousine, aber auch Simmelthaler, Bio-Gallayway – es sind enorme Kaliber, die hier von der Decke hängen. Rinder, aber auch Schafe, Lämmer, Schweine und zwar in Vollverwertung: Innereien, Ohren, Füße oder Kopfhaut – alles in Kisten oder Tüten und nicht jeder Anblick ist erträglich.
Umso erstaunlich ein großes Schild in der Fleischhalle, das übersetzt bedeutet: „Wenn Sie Fleisch lieben, essen Sie beste Qualität”.
Der Fleischkonsum geht zurück – auch in Frankreich. Die Kunden verlangen beste Qualität, mehr und mehr nachhaltige Aufzucht und die Einkäufer müssen diesen Verbraucherwünschen entsprechen”, erfahren wir von den Großhändlern.
Unsere nächste Station ist die Halle für Geflügel.
Um die Frische zu verdeutlichen, sind nicht selten Federn, Köpfe, Füße dran. Der Kunde soll die Frische der Ware erkennen. Wachteln, Enten, Gänse, Perlhühner, Schwarzfederhühner, Tauben, Fasane, Schnepfen und vor allem – Kapaun, denn dieser kastrierte Hahn, der in einen Milchsack eingebunden wird, um sein Fleisch noch saftiger zu machen, hat im Winter Saison. Dazu Unmengen schwarze Trüffeln.
Nach Blumen- und Gemüsehalle und einem Besuch in der Käsehalle endet unsere Tour mit einem Highlight: die Weinkeller von Rungis..
Aufgereiht als gäbe nichts anderes: die scharlachroten Pretiosen aus Burgund und Bordeaux, die besten Champagner, edelste Süßweine. Zu einer kleinen Weinprobe, die uns nach immerhin vier Stunden Entdeckungstour den formidablen Ausklang beschert, erwartet uns ein Käsebuffet – mit Sorten, die nicht nur Gaumen-Entzücken, sondern auch eine gewisse Hemmungslosigkeit im Schnabulieren auslösen. – Qualitätsware, die in Deutschland selten zu finden ist.
Unser Tipp: Sollten Ihnen ein „Persillé de Chevre”, Ziegenkäse mit Blauschimmel, nach alter Tradition hergestellt, ein „Cantal entree-deux”, Schnittkäse aus der Auvergne, 6 Monate in drei Kellern gereift, darunter der berühmte Saint-Poncy-Keller, der in einem alten Eisenbahntunnel gebaut wurde oder ein „Cambembert de Bufflonne”, der aus Büffelmilch hergestellt wird angeboten werden – dann zugreifen, wie auch bei einem „Crottin de Chavignole“.