Als Kreuzfahrtskeptiker eine Einladung auf die Arosa Riva anzunehmen, wenngleich als Gourmetreise beworben, versetzte Autor Martin Swoboda in ein Dilemma. Noch dazu mit dem Ziel Wien, seiner Heimatstadt. Andrerseits erwartet ihn eine Fahrt durch einen der schönsten Abschnitte der Donau, die Schlögener Schlinge, und die bemerkenswerte Kochkunst von Andreas Senn, Dirk Steiger und Pâtissier Oliver Edelmann. Alle Skepsis wird über Bord geworfen und selbiges betreten.
Autor Martin Swoboda, Fotos Atelier Homolka
Engelhartszell, ein paar Stromkilometer unterhalb der letzten Schleuse auf bayerischem Gebiet. Hier liegt die Arosa Riva vor Anker und erwartet Gäste. Meine Kabine liegt im Souterrain, pardon, Sott Aqua. Mein Blick aus dem Fenster wird von einigen Schwänen erwidert. Erste Erkundung. Das Oberdeck beherbergt Kunstrasen samt Liegestühlen, vorne ragt die kreisrunde Brücke wie eine Bar aus dem Dach, ein dickes Absperrseil lässt keinen Zweifel daran, dass Passagiere da nichts zu suchen haben. Die vertreiben sich mit lustigen Deckspielen die Zeit während zuvorkommende Stewards aus Südostasien oder -europa Getränkewünsche erfragen. Gerne, ein Rotwein. Aber nein, Zweigelt gäbe es leider nicht (auch wenn er aus der Gegend kommt, die wir entlang schippern werden). Alternative wäre der Arosa Hauswein aus Südafrika.
Der Fluss hat sich tief in den Fels gegraben, in engen Serpentinen zwängt er sich durch den Granit des Mühlviertels, so kurvig und wild wie hier gibt sich die Donau sonst nirgends.
Die Drehung des Schiffes gelingt ohne Uferkontakt, ziemlich lang wirkt so ein Kahn, wenn er in der Donau quer liegt, die hier, zwischen Mühl- und Innviertel noch pubertierend schmal ist und erst nach Linz zum zum patriotisch besungenen wenn auch kaum blauen Strome wird. Dafür kommen die hoch ansteigenden Ufer zur Geltung, zwischen denen das Schiff fast bergab gleitet.
Der Ruf zur Sicherheitsübung, kommt daher zur Unzeit, denn wir queren den landschaftlich schönsten Teil der Reise: Auf ihrer schiffbaren Länge von gut zweieinhalbtausend Kilometern schürfte die Donau keine zweite derart verschlungene Talschaft und windet sich einer Passstraße gleich durch die Felsen während der Himmel sich ins abendliche Dunkel wandelt und Nebelschwaden durch die Schluchten streifen. Special Effects in einem aufwendig produzierten „Natur“-Film. Ab und an leuchten Häuser den Weg, in Niedermühl erinnern bunte Glühbirnen eines Gastgartens an die Ausgelassenheit des Sommers. Von dem war nun nicht mehr viel zu spüren, gut, dass genau da zum Abendessen gerufen wurde.
Zwei exklusive Dinner serviert, zubereitet von den A-ROSA Gastköchen Andreas Senn und Dirk Seiger
Da anlässlich der Gourmet-Kreuzfahrt Besonderes auf den Tisch kommt zahlt es sich aus, rechtzeitig an ihm zu sitzen. Nicht, dass das Standardbuffet zu wünschen übrig ließe – die Köche aus aller Welt versteht ihren Job. Doch diesmal dürfen sogar sie noch was lernen. Andreas Senn macht den Auftakt. Sind es in seinem 2-Sterne-Restaurant „Senns“ in Salzburg ganze 30 Gedecke die er zu bereiten hat, stehen heute 150 Menüs auf dem Programm und die gesamte Brigade der Arosa unterstützt, diese anspruchsvolle Aufgabe zu meistern.
Den Anfang macht ein Kopfsalat-Gazpacho, dessen Chlorophylgrün den erfrischenden ersten Akt eines, wie die Tischnachbarin meinte, „feschen“ modernen Menüs gibt. Auch der nächste Gang: Fjordforelle mit Karfiol und Apfel. Kam optisch als Schinkenrolle zu Tisch, gab sie sich geschmacklich ganz konträr, nämlich klar und spritzig, wobei der Karfiol in dreierlei Konsistenz quasi die kurzweilige Begleitmelodie gab. Noch weiter von ihrer natürlichen Erscheinungsform entfernt: der Sepia im dritten Akt. Der knackige, schwarze Chip liefert volles, staubtrockenes Aroma kontrastiert vom knallgrünen intensiven Gurkengeleé, im Ajo Bianco Schaum. Darunter hält dann doch noch ein winziges Tintenfischfüßchen die Geschichte vom Meer am köcheln.
Derer vierte Gang – ein im Parmesanfond al dente gegarter Risotto mit Eierschwammerl und Heidelbeere als luftiger Schaum – holt uns auf den Waldboden zurück. Das man auch als Ouvertüre zum Short Rib vom Black Angus „a la Stroganoff“ als nächstem Gang verstehen kann, das, begleitet von Soufflé und karamellisierter Zwiebel, mit seinen dichten Aromen lange nachhallt. Das Trio von Sauerklee Sorbet, schwarzem Reis Panna Cotta und Marillen in 3 Aggregatzuständen beendet eine kulinarische Reise durch Fluss, Meer, Wald und Weide.
Dass es nicht einfach ist, den Standard seines Restaurants in der beengten Kombüse der Arosa Riva auf die Tische zu bringen, erkennt man an der Tatsache, dass die Gerichte mit geradezu artistischem Geschick auf den Tischen des offenen Achterdecks fertiggestellt werden. Auch die Brigade von Andreas Senn ist mit dem Ergebnis zufrieden, jedenfalls hat sich die Nachbesprechung mit der Bord Crew einige Zeit hingezogen. Während das eine oder andere Glas aus Sommelier Christian Buddes Vorräten den Weg ans Heck fand, zogen am Ufer die letzten Dörfer der Wachau Stromaufwärts vorbei während die Arosa, Schleuse für Schleuse herabsinkend, näher an Wien trieb.. Wo anderntags Dirk Seiger vom „Buddenbrooks“ in Travemünde ein nicht weniger beeindruckendes Menü servieren und Patissier Oliver Edelmann einen perfekten Apfelstrudel ins Rohr schieben sollten.
Womit die Rederei aus Rostock an der Ostsee zu meiner Überraschung bewiesen hätte, dass man auch auf einem Schiff durchaus österreichisch genießen kann, auch wenn mir beim Passieren etlicher ausgezeichneter Restaurants am Weg der eine oder andere freie Abend mit Landgang zupass gewesen wäre.
Bachers Landhaus etwa wäre in Rufweite gewesen. Immerhin haben wir mit dem Weinbaubetrieb Hirsch im Kamptal einen der besten seiner Zunft besucht, einige andere haben uns an Bord besucht, viele waren immerhin mit ihren Flaschen auf unserem Tisch zu Gast.
Dann war da noch Wien, Schlusspunkt und Krönung der Fahrt. War der Besuch des Stephansdoms dank hervorragender Fremdenführung auch eine echte Bereicherung, so möchte ich meine kulinarische Liebe zu meiner Stadt nicht unter den Tisch fallen zu lassen. Weshalb ich Sie in Sachen Wien auf das demnächst erscheinende „ICONIC FOOD“ verweisen möchte, dort finden Sie reichlich Informationen zur Stadt und ihrer Küche. Sie müssen Wien dann allerdings auf eigene Faust erkunden und können sich nicht in der Gruppe verstecken. Aber vielleicht wollen Sie das ja ohnehin nicht.