Gute Insider-Tipps wie die Suche von Erfolg gekrönt ist.
Die Pilz-Saison geht los und wer ein Sammler ist, den kribbelt es jetzt in den Fingern. Foodhunter-Autor Karl Wörle gehört zu den passionierten Pilzsammlern. Zwar verrät er uns nicht, wo genau er jedes Jahr fündig wird, aber er gibt gute Insider-Tipps.
Autor Karl Wörle
Foto oben iStock© opel_ru
Im Bergwald die Pilze am sichersten beim Bergaufgehen finden. Die Fauna legt sich Hang abwärts, darunter verstecken sich die Pilze.
Meine Eltern waren befreundet mit einem Landwirt in Aschau im Chiemgau. Als Schuljunge durfte ich auf der zum Hof gehörigen Alm mit den Großeltern meine Ferien verbringen. 3-4 Wochen unter einfachen Bedingungen mit Oma Lisbeth und Opa Vinzenz auf ca. 1500 Metern Höhe – dafür aber gab es jeden Tag Neues zu entdecken.
So zeigte mir Lisbeth eines Tages verschiedene Waldhänge rund um die Alm und bat mich, Schwammerl zu suchen. Eine große Korbschütte diente als Transportmittel.
Zu Beginn brockte ich jeden erdenklichen Pilz, leerte mittags meinen Fund auf den Tisch und Lisbeth begann zu sortieren. Jeden Pilz nahm sie in die Hand, wusste seinen Namen und ob er essbar oder giftig war.
Die meisten meiner Pilze landeten auf dem Misthaufen, doch ich lernte, die verschiedenen Sorten zu unterscheiden und dass sich im Bergwald die Pilze am sichersten beim Bergaufgehen finden. Die Fauna legt sich Hang abwärts, darunter verstecken sich die Pilze.
Das Putzen war weniger aufregend und kostete mich oft zwei Stunden Zeit.
Dafür gab es abends eine riesige Pfanne voller Schwammerl, angebraten in frischer Butter. Etwas Milch und Rahm dazu, fertig.
Neben dem Suchen ist es das Naturerlebnis, das süchtig macht.
Dieser unvergleichliche Geschmack war der Anfang einer bis heute währenden Leidenschaft: dem Schwammerlsuchen. Neben dem Suchen ist es das Naturerlebnis, das süchtig macht. Einsam durch schattige Wälder streifen, auf Bergrücken grandiose Aussichten genießen, keine Menschenseele zu treffen, das grenzt an Meditation.
Wobei wir auch bei der entscheidenden Frage wären: wo finde ich Pilze?
Befragen Sie dazu einen Pilzsammler, bekommt dieser einen verschmitzten Gesichtsausdruck und Sie als Antwort bestenfalls eine großräumige Gebietsbeschreibung. Keiner verrät freiwillig seine Plätze.
Der frühe Sammler findet den Pilz
Die erste Regel lautet: der frühe Sammler findet den Pilz – vor allem in Gebieten, die von Pilzsammlern stärker frequentiert werden. Je nach Witterung sind in unseren Breitengraden die Pfifferlinge die ersten auftauchenden Köstlichkeiten.
Sie brauchen viel Feuchtigkeit und sind familiär: unter Buchen und Fichten, an Waldrändern, teilweise im Moos oder Gras wachsen mehrere auf einem Fleck Zu finden sind sie bereits ab Juni (noch sehr klein) bis weit in den Herbst hinein.
Ganz anders der Steinpilz, der lässt sich Zeit, sprießt bevorzugt im Spätsommer und Herbst. Er wächst gerne in Laub- und Nadelwäldern, vor allem unter Eichen, Fichten oder Kiefern. Manchmal krieche ich auf allen vieren im Wald herum, denn dort, wo die Bäume Äste bis fast zum Boden haben, wachsen Steinpilze besonders gerne. Steinpilze sind Einzelgänger. Lieben es bis zu 50 Meter neben Waldrändern auf den Pilzsucher zu warten und mögen wie alle ihre Artgenossen feuchtes, warmes Klima. Vor allem nach Regenperioden bei milden Temperaturen schießen sie innerhalb kurzer Zeit aus dem Boden.
Rausdrehen, abschneiden oder mit der Wurzel ausgraben?
Soll man einen Pilz rausdrehen, abschneiden oder mit der Wurzel ausgraben? Eine viel gestellte Frage. Drei Sommer lang habe ich mir die Mühe gemacht, mit ungiftigem Spray verschiedene Plätze zu markieren. Je nach Farbe habe ich rausgedrehte, abgeschnittene, entwurzelte Pilze gebrockt. Weder das eine noch das andere hat die Pilze daran gehindert, jedes Jahr wieder in Hülle und Fülle zu wachsen. So soll es jeder machen wie er will. Weil vor allem Steinpilze schon sehr klein überaus wurmig sein können, sollten Sie den Pilz der Länge nach durchschneiden und ihn auf Küchenpapier kurz in die Sonne legen. Die Würmchen verlassen fluchtartig ihre Behausung.
Der Steinpilz hat giftige Doubles
Steinpilze begeistern vor allem durch ihr feines Aroma. Das rohe Fleisch hat einen milden Geschmack und eignet sich hervorragend für Steinpilz-Carpaccio. Hierfür gutes, kaltgepresstes Olivenöl dünn mit einem Pinsel auf den Teller streichen, darauf etwas Salz, Pfeffer und mit hauchdünnen Pilzscheiben, maximal 1 mm, belegen. Nochmals pfeffern, salzen, tropfenweise Zitronensaft, ein wenig Olivenöl. Gehobelter Parmesan rundet das Carpaccio ab.
Den feinen Biss der Steinpilze, den fantastischen Geruch, erleben Sie nur, wenn das Gericht unmittelbar vor dem Verzehr zubereitet wird. Und auch wenn fast jeder Laie meint, einen Steinpilz ohne Schwierigkeiten erkennen zu können – er kann durchaus mit dem giftigen Satansröhrling oder dem bitteren Gallenröhrling verwechselt werden, was die zweite entscheidende Erkenntnis aller Schwammerlsucher bringt: keinen nicht 100 % definierten Pilz verzehren.
Ein Liebling: der Parasol – nicht verwechseln mit dem Pantherpilz
Alle Pilze zu kennen ist angesichts der weit mehr als 6.000 Arten in Deutschland ein schweres Unterfangen, weshalb sich Pilzsucher in aller Regel auf vier, fünf Sorten beschränken.
Oftmals verraten Giftpilze zwar ihre Gefährlichkeit durch grelle Warnfarben oder absurde Formen, aber auch darauf ist nicht immer Verlass, denn es gibt wunderbare Speisepilze mit außergewöhnlichem Aussehen, etwa den Riesenschirmling, auch Parasol genannt.
Der Parasol wächst gerne unter Tannenbäumen, nähe Ameisen-Kolonien und mitten in den Wiesen. Als Baby ist der Hut des Parasols an seinem Stiel angewachsen, breitet sich dann nach oben aus und hinterlässt einen Ring um den Stiel, der sich – sofern der Pilz gut ist – leicht nach oben oder unten verschieben lässt. Wie bei einem Regenschirm, daher auch der Name.
Falls sich der Ring nicht verschieben lässt, dann Finger weg, denn die Verwechslung mit dem sehr ähnlichen, giftigen Pantherpilz und dem spitzschuppigen Schirmling ist möglich.
Ab Ende Oktober kommen die Pilze des Spätherbstes
Empfehlenswert für Pilzsucher ist daher ein Pilz-Buch ( z.B. Kosmos Naturführer von Markus Flück „Welcher Pilz ist das?“), ein Besuch des Schwammerllehrpfads im Altmühltal oder des Pilzseminars in Pfaffenhofen.
Vielleicht entdecken Sie danach mit etwas Glück einen weißen Schopftintling am Wegesrand. So lange der Hut fest am Stiel anhaftet, ist er ein sehr guter Speisepilz. Schmeckt ähnlich, doch kräftiger als ein Champignon.
Ab Ende Oktober oder Anfang November, wenn selbst eingefleischte Pilzsammler glauben die Saison sei gelaufen, verstecken sich oft viele typischen Pilze des Spätherbstes unter einer dicken Laubschicht.
Köstliche Waldchampignons, Krause Glucken, aromatische Herbsttrompeten, riesige Mönchsköpfe oder schmackhafte Herbstmorcheln, wer den genauen Zeitpunkt ihres Wachstums nicht kennt, hat kaum eine Chance diese Pilze je zu Gesicht, geschweige in den Korb zu bekommen.
Auch ich habe Pilze noch im Oktober mit klammen Fingern unter einer frischen Schneeschicht ausgegraben und schon im Frühjahr einzelne Steinpilze gefunden, die noch gar nicht da sein sollten.
Die ersten Nachfröste im November bedeuten ebenfalls noch nicht das Ende, sondern sind das Startzeichen für die echten Winterpilze rund um Austernpilz und Samtfußrübling.
Pilze tagesfrisch genießen. Oder trocknen
Die Konservierung von Pilzen ist schwer. Viele Methoden habe ich ausprobiert. Eiskristalle zerstören beim Einfrieren die Struktur der Pilze. Aufgetaut werden sie gummiartig. Verhindern können Sie dies nur, indem Sie die Pilze im gefrorenen Zustand bei größtmöglicher Hitze in die Pfanne geben.
Die haltbarste Methode ist jedoch die Trocknung. Auf einem Netz oder Sieb das von unten und oben belüftet sein sollte, gut verteilt mindestens drei Tage in die pralle Sonne legen. Es geht auch im Ofen bei 30 Grad.
Doch jegliche Konservierungsmethode kann einen frischen Tagespilz nicht ersetzen. So sollten Sie auch den Parasol am gleichen Tag verzehren, noch dazu da sein Hut nach wenigen Stunden zusammenfällt.
Mein Tipp: Panieren Sie nur den Hut wie ein Wiener Schnitzel und backen Sie ihn in reichlich Butterschmalz oder frischer Butter (dann nur bei mittlerer Hitze) aus. Auf Küchenpapier Fett abtropfen lassen, mit kleingeschnittenem Salbei bestreuen. Schmeckt wie ein Kalbssteak.
Pilze eignen sich für Vielerlei, lassen sich braten, kochen, pochieren, dämpfen, als Hauptspeise genießen oder als Beilage zu Fleisch, Fisch, Salaten, Pasta und eignen sich zum Füllen von Ravioli.
Doch zuvor heißt es putzen. Da empfehle ich schon beim Waldgang ein kleines Messer einzusetzen, das neben gebogener Klinge hinten am Schaft eine Bürste besitzt. Pilze lassen sich damit sofort nach dem Rausdrehen säubern.
Zu Hause mit einem Pinsel nachsäubern – ich bin der Meinung, dass sich, außer dem Pfifferling, die Pilze mit Wasser vollsaugen, wodurch die geschmackliche Aura des Waldbodens verloren geht.
Hier zum Schluss eine Appetit anregende Aufforderung, sich „in die Pilze“ zu begeben: ein alpenländisches Grundrezept.
Rahmreherl
für 4 Personen
500 g Pfifferlinge, geputzt
50 g Butter
150 g Zwiebel, klein gewürfelt
20 g Mehl
1 l Brühe
250 g süße Sahne
1 EL Apfelessig
Petersilie, Salz, Pfeffer
Zwiebel in Butter glasig dünsten, mit Mehl bestäuben, Pfifferlinge zugeben.
Wenn die Pilze Wasser abgeben, würzen, Petersilie dazu, Brühe eingießen, 10 min. leicht kochen.
Sahne dazu, mit Essig abschmecken
Je länger Sie den Topf auf dem Feuer lassen, desto dicker wird die Konsistenz. Einlage: kleine Semmelknödel.