von foodhunter
Kategorie: Restaurants

Jüdische Küche im Einstein – Bete´Awon

Jüdische Küche im Einstein - Bete´Awon
Restaurant Einstein, Leander Lüdtke

„Es gibt keine klar definierte israelische Küche“, sagt Leander Lüdtke, der seit acht Jahren im Restaurant Einstein in München kocht. „Es gibt nur die koschere Küche und die nicht koschere Küche, die aus der Vielfalt an Gerichten resultiert, die von den jüdischen Einwanderern aus allen Teilen der Welt nach Israel mitgebracht wurden.” 

 

Autorin Sabine Ruhland, Fotos ©foodhunter

 

Die israelische Küche ist also eine Weltküche, cross-over, bereitet mit frischesten Zutaten. Sie ist mediterran geprägt von der italienischen Küche, besitzt deftige Komponenten durch ungarische, polnische, russische Zubereitungsarten und ist reich an Gewürzen durch die türkischen, marokkanischen oder argentinischen Einflüsse. Vor allem aber, sie ist stets von hervorragender Qualität, was sicherlich ein Grund dafür ist, dass israelische Küche derzeit im Fokus der Medien steht und sich Jerusalem und Tel Aviv zu wahren Reise-Hotspots entwickelt haben. Dazu etablieren die “jungen Wilden”-Köche in Israel die Balaganküche (Chaosküche), eine extreme Form des Cross-over.

Der Maschgiach hat ein strenges Auge auf Küche und Service

 

Wer der koscheren Küche näher kommen will, der wird in München eine erste Adresse finden: das Restaurant Einstein. Seit fast 10 Jahren ein glatt-koscheres Restaurant – das heißt auch für streng religiöse Juden geeignet – unter der Aufsicht des Rabbinats der Kultusgemeinde München. Herr Zalman ist ein sogenannter Maschgiach und ständig präsent, um die Einhaltung aller Regeln zu überwachen.

 

Chefkoch Leander Lüdtke und Herr Zalman, der Maschgiach des Restaurants Einstein.

 

„Den Maschgiach braucht es, weil in Küche und Service überwiegend Nicht-Juden arbeiten”, erklärt Restaurantleiter Karl-Heinz Fichtner. So muss Herr Zalman alle Handgriffe übernehmen, die den orthodoxen Juden vorbehalten sind. Er prüft die Ware, macht den Herd an, entkorkt Weinflaschen.

„Die Weine sind bei uns übrigens alle mit dem Zusatz Mevushal versehen,” erklärt Karl-Heinz Fichtner. „Das heißt diese Weine dürfen auch von Nicht-Juden ausgeschenkt werden, denn sie wurden vor der Abfüllung kurz auf 86 °C erhitzt.” – Keine Frage, der Wein leidet unter dieser Prozedur und einen echten Weingenießer mag es schmerzen. Unser Weißwein, ein israelischer Sauvingnon Blanc von Hafner schmeckt recht traubig und leicht. Für den Sommer angenehm. Die Roten sind da schon ein größeres Kaliber.

Alle Weine im Einstein stammen aus Israel, mit einer einzigen Ausnahme: der koschere Silvaner von Hans Wirsching aus Franken. „Den wollte ich unbedingt im Sortiment haben.” Ein Rabbi war über die gesamte Produktion in Franken vor Ort denn an die Herstellung von koscherem Wein sind strikte Bedingungen geknüpft. „Beispielsweise unterliegt die gesamte Herstellung von Wein einzig den Männern”, erklärt Fichtner.

 

Restaurantleiter Karl-Heinz Fichtner und sein favorisierter Wein: der koschere Silvaner aus Franken.

 

Gebieterische Anweisungen, von denen der interessierte Gast beim Essen nicht wirklich etwas mitbekommt. Bei Betreten und Verlassen des Restaurants allerdings schon.Intensive Kontrollen und ein streng dreinblickender Pförtner. Was er nicht auf seiner Liste findet hat es schwer, sich Zutritt zu verschaffen. Selbst Reservierungen müssen online getätigt werden.
Ist man aber einmal drin ist der Empfang um so herzlicher.

Chefkoch Leander Lüdtke ist ein waschechter Bayer, nach wir vor kein Jude und hat sich mit der Dauerbeobachtung arrangiert. „Inzwischen besteht ein Vertrauensverhältnis und es wird nicht mehr jeder meiner Handgriffe kontrolliert.”

 

Zwischen Schawarma, Wiener Backhendl und Spargel aus Schrobenhausen

 

Ein Blick auf Karte zeigt: weltfremd ist koscheres Essen nicht. Es gibt Spargel aus Schrobenhausen oder Wiener Backhendl, aber eben auch traditionelle Gerichte. So ist der Duft betörend als Leander Lüdtke den Beutel mit dem Hühnerfleisch für das Schawarma öffnet, das seit 24 Stunden in einer Marinade aus Paprika, Chili, Curry und Cumin ruhte. Jetzt wird es in der Pfanne mit Zwiebeln angebraten und mit viel Petersilie oder Koriander bestreut. Für Baba Ghanoush, einem Leibgericht von Leander Lüdtke wird püriertes Auberginenfleisch abgeschmeckt mit Salz, Tahina (Sesamsoße) und Zitronensaft. Dafür werden die Auberginen zuvor eingestochen und ca. 45 im Backofen gebacken. Danach Schale abziehen und das Fleisch mit der Gabel zerdrücken. „Vor allem im Sommer ist Baba Ghanoush sehr erfrischend, wenn es kalt aus dem Kühlschrank kommt. Dazu ein lauwarmes Pitabrot, mehr braucht es nicht.”

 

 

Fur sein cremig-zartes Hummus weicht Leander die Kichererbsen 24 Stunden ein, schüttet sie ab und lässt sie dann kochen. “Lassen Sie die Kichererbsen ruhig fast verkochen, dann sind sie richtig und das Hummus wird feiner”, verrät er. Etwas von Erbsenwasser aufheben, den Rest abschütten und die Kichererbsen pürieren. Mit Tahina, Olivenöl, Salz, Pfeffer, Zitrone verfeinern und alles zu einer cremigen Masse verrühren. „Ist die Masse zu fest, etwas von dem Erbsenwasser zugeben. Wir hatten jedenfalls einen erfrischenden Lunch und kommen gerne wieder.  „Dann bleibt nur noch ein Bete´Awon, einen Guten Appetit zu wünschen.

Restaurant Einstein
St.-Jakobs-Platz 18
80331 München
Keine telefonische Reservierungen möglich
restaurant@ikg-m.de
www.einstein-restaurant.de

 

Mezze, ein Vorspeisenteller mit israelischem Salat, Hummus, Falafel

 

 

 

Was bedeutet „koscher“?

 

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