In einem Schlosspark östlich von Berlin steht zwischen Apfelminze und alten Apfelbäumen eine stählerne Küche. Die Steinhöfeler Gärten sind ein Platz zum Fühlen, Riechen, Schmecken und in der Erde wühlen. Foodhunter Autor Oliver Zelt war in den “Kochenden Gärten”.
Autor Oliver Zelt, Fotos Foodhunter, Kochende Gärten
Der Koch empfängt im Garten zu einem ganz besonderen Kochkurs. Zu einem Prosit, einem kleinen Schluck Prosecco und einem Spaziergang durch den Park. Denn das Kochen beginnt in den Steinhöfeler Gärten mit der Ernte auf der Scholle.
Die Hobbyköche sammeln kleine Fenchelknollen, schneiden erste Mangoldstiele und pflücken Kräuter. Sie sollen „fühlen, riechen, schmecken und in der Erde wühlen“. Beim Prominieren durch die Pflanzen bewundern die Großstädter unbekannte Gewächse im Garten. Die Kochlehrlinge zupfen, probieren und staunen. Sie kauen süße Bartnelkenblüten, lassen sich erzählen, dass der hellgrüne Butterkohl noch viel zarter als Spitzkohl ist und erfahren die mediterrane Artischocke tauchte schon in brandenburgischen Kochbüchern von 1850 auf.
Mit den Erträgen im Korb zurück vom Feld wartet zwischen Freilichtküche und Essenstisch Kochlehrer Gerry Kunz auf die Schüler. Die werden gleich eine Sauerampfer-Suppe aus gerade gesammelten frischen Blättern zubereiten und das soeben geerntete Gemüse mit köstlichen Kalbs-Innereien anrichten.
Die Kochenden Gärten pflegen die Esskultur im Schatten alter Apfelbäume. Hier treffen sich Koch, Gärtner und die Liebhaber feiner Menüs.
Gerry Kunz hatte die Idee mit den „Kochenden Gärten“. Den gebürtigen Schweizer faszinieren „über Jahrhunderte hinweg überlieferte Traditionsrezepte“. Das sei weniger moderne Nostalgie sondern die Liebe zu vermeintlich einfachen Gerichten, die aus den Küchenlaboren der heutigen Sterneköche stammen könnten.
Kunz hat auch die Gartenküche gebaut. Ein fahrbares Edelstahl-Gefährt mit Gasherd, Backofen und blanker Arbeitsfläche. Dort schneiden, schaben und schnippeln die Kochnovizen nun das Gemüse. Kochen soll hier Kultur und Spaß sein. Das gemeinsame Kochen ist auch gemeinsames Lernen. So erfahren die Städter, dass Kräuter „bitte nie gewaschen werden“ und Rosmarin, Thymian oder Pfefferminze „auf gar keinen Fall ewig mit kochen dürfen“, da der feine Duft nicht ewig hält.
Früher hackte und erntete in Steinhöfel der Hausgärtner des Schlossherren, zu DDR-Zeiten werkelten LPG-Bauern auf dem Gelände. Dann verfiel das drei Hektar große Grundstück, bis Christine Hoffmann das Kleinod entdeckte und den Verein „LandKunstLeben“ gründete. Seitdem vergeht kaum ein Tag, an dem die Gärtner des Vereins nicht neue alte Samen oder Sämlinge in der Hand halten. Allein im Gewächshaus wachsen mehr als zwei Dutzend Tomatensorten. Rote, grüne gelbe, gestreifte, Quedlinburger früheste Liebe, goldene Königin und Blondköpfchen. Der Verlust von Vielfalt führt zum Verlust von Kochkultur. Ein Salat aus den bunten Tomaten ist doch „für das Auge und für die Zunge ein Hochgenuss“, meint Gerry Kunz.
Übernachtungsmöglichkeiten
Schlosshotel Steinhöfel
Schloßweg, 15518 Steinhöfel
Landhaus Charlottenhof
Charlottenhof 5
EZ ohne Frühstück 20 Euro
Pension Frau Ehm
Demnitzer Str. 27
EZ ohne Frühstück 20 Euro
Pension Byrm
Berkenbrücker Weg 10
EZ ohne Frühstück nach Absprache