von foodhunter
Kategorie: Reise / Restaurants

Lefkas. Berglinsen, Retina und Onassis

Lefkas. Berglinsen, Retina und Onassis

Alle reisen jetzt nach Spanien und Portugal. Foodhunter-Autor Rudolf Danner nicht. Er nimmt Kurs auf Lefkas, entdeckt Gastfreundschaft und kulinarische Genüsse, deren Hauptzutat die Herzlichkeit ist. 

 

Autor Rudolf Danner, Fotos ©foodhunter, Rudolf Danner

 

Eigentlich ist Lefkas trotz Insellage keine Insel, liegt sie doch nahe am Festland und man erreicht die 7000 Einwohner zählende Inselhauptstadt vom Flugplatz Aktion bei Preveza nach einer Fahrt von 25 Minuten, der Überquerung der 50 m drehbaren Schwimmbrücke und einer zwei km langen Straße.

Philoxenia heißt Liebe zu dem Fremden und meint Gastfreundschaft. Der Gast ist willkommen als Freund und als selbstverständlich zum Gastmahl, dem Herzstück griechischer Geselligkeit. Mythologisch bestimmt sind viele Werte im täglichen Leben und die griechischen Götter sind allgegenwärtig. Poseidon treibt mit seinem Dreizack die Früchte des Meeres in die Netze und Demeter sorgt für den fruchtbaren Ackerboden.

 

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2 Agios Nikitas Mai 2016 (1)

Intensive Sonneneinstrahlung, meersalzgeschwängerte Wiesen, kräuteraromatische Macchia, Holzkohle mit den Räuchernoten der harzigen Nadelgewächse und traditionelle Anbaumethoden generieren herausragende Produkte und bestimmen die Zubereitung, die keinerlei Geschmacksverstärkung bedarf.

 

Kein Wunder, dass Berufsköche ihre erste Heimat in Griechenland fanden. In unzähligen familiengeführten, heute noch für Gast und Wirt das Wohn- und Esszimmer ersetzenden Tavernen finden sich authentische Naturtalente am Herd. Die Männer sind zuständig für Fleisch- und Fischbeschaffung, Ehefrauen und Großmütter für die Zubereitung von Brot und Speisen nach überlieferten Rezepten. Der  Gast darf in der Küche die Topfdeckel heben und seine Auswahl nach Sicht, Geruch und kleinen Kostproben treffen.

Ohne Öl geht es nicht im Land der Olivenbäume, eine ausdrückliche “mit wenig Öl-Bestellung” ist empfehlenswert. Ein Korb Brot und eine Flasche guter Retsina, vorbeugend und begleitend zum ölreichen Mahl, wirken wohltuend auf Seele und Magen.

 

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RETSINA
Der Schriftsteller Johannes Gaitanides, 1936 aus Deutschland für viele Jahre nach Griechenland emigriert, verfasste in seinen Essays eine Hommage an den Kultwein Retsina aus den ehemals zur Abdichtung und wegen der Haltbarkeit geharzten Ziegenhäuten, auch wenn heute dem Wein Harzstücke etwa der Aleppokiefer während der Vergärung zugesetzt werden.

„Vor allem aber ist der Retsina das sozialste aller Alkoholika: er löst, erheitert, beschwingt, beseeligt ohne Streit und Zorn heraufzubeschwören, er macht tanzen nicht schlagen, er beflügelt Wort und Gedanken und meidet den Absturz in die Schwere, er schlägt Brücken und verirrt sich nicht in verquälte Einsamkeit, und am nächsten Morgen meldet er sich weder in körperlichen noch in seelischen Kümmernissen – ein Elexier der Geselligkeit ohne böse Folgen, ohne Reue.“ – Vorausgesetzt der Qualitätstest (etwas Retsina auf dem Handrücken verreiben und schnuppern) hat weder Fuselstoffe noch Essiggeruch zur Nase befördert.

Der frische trockene Weißwein San Gerasimo von der Robolarebe mit feinem Zitronenbukett im originalen Jutesack mit Amulett  oder der Lefkaswein aus der alten Barzaminotraube könnten als Nektar die unsterblich machende und deshalb den Menschen verwehrte Götterspeise Ambrosia begleitet haben. Heute begleiten sie den griechischen Klassiker „Taramasalata“, der auf keinem Mezeteller fehlen darf. Fischrogen von Meerbarben wird im besten Fall ohne Kartoffelmehl oder Weißbrot nur mit Zitronensaft und Olivenöl zu cremiger Konsistenz aufgemixt. Eine rosa Verführung!

 

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Rezept Taramasalata

  • 100 Gramm Taramas (roter Kaviar)
  • 125 ml Olivenöl
  • 1 EL Zitronensaft
  • ev. etwas Zitronenschale
  • ev. ein kleines Stück rote Zwiebel
  • Prise Pfeffer
  1. Zwiebel fein hacken.
  2. Taramas, Zitronensaft und die abgeriebene Schale der Zitrone in einer Schüssel verrühren.
  3. Mit einem Mixer alles gut durchrühren und langsam das Olivenöl beimengen, bis eine cremige Konsistenz entstanden ist.
  4. Mit Pfeffer abschmecken und zum Weißbrot servieren.

 

Krake, Oktopus, Foodhunter

 

Poseidon sorgt für eine Fülle weiterer Produkte: Rotbarben, Seeteufel, Schwert- oder Skorpionfisch, springende frische Garnelen (Garides) und transparente Garniokas,  Seeigel oder Astako, eine Languste mit leicht süßlichem Fleisch,  Bärenkrebs und Seespinne, Seezunge oder der begehrte 8-füßige Oktopus, als Hingucker auf Wäscheleinen zum Trocknen aufgehängt.

Die fleischlichen Genüsse, bekannt aus Speisekarten der griechischen Restaurants in Deutschland und als Souvlakispießen, Lammkotelettes und Giros-Geschnetzeltem präsentiert, haben mit der authentischen Küche wenig gemein.
Dort tauchen vielmehr üppige Bleche auf, dampfend aus dem Ofen kommend und beladen mit Okraschoten, Bohnen, Tomaten, unzähligen Knoblauchzehen, mit Hühner- und Ziegenfleisch. Dort verwöhnt frische Mousaka mit reifen süßaromatischen Auberginen oder der Nudelauflauf Pastitsio. Auch ein Blick in den Topf mit verführerischem Spezofai (Paprika- Auberginen-Wurst-Eintopf) zeigt: kulinarische Erfahrungen sollten immer vor Ort gemacht werden.

 

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Eine Götterspeise bei Sonnenuntergang genossen, aufreizend duftend, grob zerhackt aus dem Papier befreit, mit Oregano bestreut, von warmem Brot begleitet und dazu ein mit wenig Wasser (ligo nero)in milchige Optik versetzter Anisschnaps (Ouzo) lässt die Seele taumeln. Kokoretsi, eine wiederbelebte kulinarische Hirtenkultur mit türkischen/albanischen Wurzeln, in Ziegen- und Schafreichen Gegenden durch die armutsbedingte Komplettverwertung entstanden, wurde zur gesuchten Spezialität und wird traditionell zum Osterfest gegessen.

Kleingehackte Innereien wie Leber, Bries, Milz, Niere werden in Lammdärme gefüllt bzw. damit umwickelt, mit Salz, Pfeffer, Oregano und Paprika gewürzt, auf einen Drehspieß gesteckt und knusprig über offenem Feuer gegrillt. Wenn sich darüber am Spieß noch eine junge Ziege(katziki) mit feiner brauner Pergamenthaut und butterzartem Fleisch dreht, scheint der kulinarische Olymp sehr nahe. Kali orexi! Eucaristo polu, Zeus!!

 

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FAKES: Die begehrte Linse von Englouvi

 

Empfehlenswert ist ein Ausflug in die Bergregionen von Lefkada, wo der Tourist von den noch ursprünglich lebenden überwiegend alten Leuten neugierig bestaunt und doch herzlich willkommen geheißen wird.

Eine kurvenreiche, gute zu befahrende Straße, im Mai/Juni von üppig wucherndem Ginster und leuchtenden weißen Felsen begrenzt, führt zu kleinen beschaulichen Dörfern, eingebettet in eine wahre Farborgie in Gelb-und Grüntönen. In Englouvi dem höchst gelegenen kleinen Bergdorf auf Lefkas wird auf alten Dreschplätzen jährlich am 7.August ein außergewöhnliches Fest gefeiert: zu Ehren des Heiligen Donatos und eines unscheinbaren Gemüses. Die Dorffrauen bereiten in großen Kesseln ein traditionelle Gericht für die Gäste, ein Fest auf dem Teller.

Auf denTerrassenfeldern des Hochplateaus fast 1000 Meter über dem Meer gedeiht neben den bescheidenen Vertzamo Reben die delikate Berglinse ohne Chemie in karger Umgebung, von meist nur zum Sähen, Jäten und Ernten zeitweise ins fast verlassene Dorf zurückkehrenden Bauern betreut.

 

EGLOUVI LINSEN

 

Die kleine Kostbarkeit kann man etwa in der idyllischen, Weinblatt umrankten Taverne Litharia als Salat, Suppe oder Stifado genießen, dazu passt ein fast cremiger, kaum meckernder Ziegenkäse, getoastes Weißbrot und ein Glas Krasi apo spiti.

Oder man schlürft gegenüber auf dem von einer riesigen Platane beherrschtem Dorfplatz vor dem gleichnamigen Kafeneio „Plateia“ mit plakativer, naiver Wandmalerei nur einen kalten schaumigen Frappe (mit Wasser , wenig Milch und Zucker geschütteltes Neskaffeepulver). Die kleine Linse (fakes) hat sich zum Gemüsestar auf der Insel gemausert, fand international zertifizierte Anerkennung und Eingang in die gehobene Gastronomie, auch dank Vasilis einem Münchner Zahntechnikers, der sich um ihre Vermarktung angenommen hat.

Ab Juli gelangt sie in den Handel für stolze 10 Euro pro Kilo aufwärts je nach Ertrag und ist oft über Vorbestellungen schon vorher vergriffen. Die unscheinbare Hülsenfrucht von Englouvi wurde von der FAO (food and Agriculture Organisation der UN) als eine von fünf natürlichen und kulturellen Schönheiten von Griechenland ausgezeichnet.

 

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Traditionelles Rezept: ENGLOUVIS LINSEN

ZUTATEN

  • 500 Gramm Englouvis Linsen (6 Portionen)
  • 5 Knoblauchzehen geschält und gehackt
  • 1/2 Tasse Olivenöl
  • grobem Salz (oder normal)
  • 1 Zweig Oregano
  • Mineralwasser bevorzugt

Zubereitungszeit: 10 Minuten-Kochzeit 30-35 Minuten

ZUBEREITUNG

Reinigen Sie die Linsen von möglichen kleinen Steinen. Wir waschen sie und geben sie in den Topf mit kaltem Wasser. Sobald sie kochen, fügen wir kaltes Wasser hinzu und lassen sie ruhen. Dann setzen Sie die Linsen wieder in den Topf mit kaltem Wasser, etwa zwei Fingern breit über den Linsen und fügen den Knoblauch hinzu. Nachdem die Linsen nach einer halben Stunde Kochzeit das ganze Wasser getrunken haben, fügen wir Olivenöl hinzu und gleichzeitig drücken wir einige Löffel an die Wand des Topfes, um eine breiige Konsistenz zu erhalten. Wir kochen und rühren sie für ca. 10-15 Minuten bei schwacher Hitze und fügen ein wenig Wasser, grobes Salz und Oreganozweige hinzu. Mit Olivenöl (wegen der Absorbation von Mineralstoffen) und Essig abschmecken und serviert. Die Leute aus dem Dorf essen zu dem Gericht gerne Zwiebel und Sardinen.

Wohnen wie Onassis

Die berühmte Insel Skorpios, jahrzehntelang die private Residenz der Onassisfamilie, liegt im Südosten der Insel Lefkas in Sichtweite der Stadt Nidri und ist inzwischen für geschätzte 150 Millionen an den russischen Oligarchen Dimitri Rybolowlew mit Tochter Ekaterina verkauft. Doch auch der normal Sterbliche findet auf Lefkas ein traumhaftes Domizil und residiert fast wie die unsterblichen Götter.

 

Agios-Nikitas-village-from-the-sea

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Agios Nikitas, das kleine Fischerdorf an der Westküste von Lefkada, wo die Traumstrände am Fuße von steil aufragenden weißen (leukos- Lefkas) Felswänden liegen und nur über hunderte von Treppenstufen zu erreichen sind, platzt im Hochsommer aus allen Nähten, besitzt es doch die einzigen problemlos zugänglichen Dorfstrände der westlichen Inselseite.

Doch im Frühjahr und Herbst kehrt beschauliche Ruhe ein und echtes griechisches Lebensgefühl wird spürbar. Unweit des Dorfes findet der Gast mitten in der Natur am Hang seine Traumvilla mit privatem Zugang zu dem sonst nur über einen mühsamen Bergpfad oder per Boot vom Ort zu erreichenden exclusiven Strand Milos Beach.Vom schattigen Parkplatz hoch über dem Meer begleiten Orleander und Bougainvillea Sträucher die Gäste auf hellen Marmorsteintreppen mit dunklem Eisengeländer zu ihren Prachtvillen.

Riesige Fensterfronten der perfekt ausgestatteten Villen mit 3 Bädern für 6 Personen geben den unverstellten 180° Panoramablick frei auf das nahe ionische Meer: eine Farborgie von gischtigem Weiß bis dunkelblau, von leuchtendem Türkis bis silbrigem Grau, mit einem spektakulären Finale, wenn die Sonne am unverstellten Horizont gelborange bis blutrot ins Meer eintaucht.  Der Logenplatz für dieses Naturschauspiel auch von den ebenfalls von 6 Personen belegbaren 4 Steinvillen: eine Terasse von ca. 500 qm mit großem Pool, Wasserfall und Farbillumination dient als Sightseeing-Tageswohnzimmer, Spielplatz, Grillplatz, Essplatz und privates Badeareal mit Musikbegleitung, denn unten treibt Poseidon unermüdlich die Wellen an den fast 1000 m langen Naturstrand und läßt sie geräuschvoll in weißen Schaumkronen über rund geschliffene Steine und Sand auslaufen. Die anbrandenden Wellen spielen ihre berauschenden Lieder mit einem Crescendo im Refrain und die Seele tanzt Sirtaki.

 

Plate of tasty and fresh Sea urchin

SYMPOSION MIT OUZO UND DEN GONADEN DER SEEIGEL

 

Symposion heißt übersetzt Trinken mit Freunden. Die Parea (Essen und Trinken im Kreis der Freunde) hat lange Tradition. Neben den üppigen Mezee Klassikern werden oft auch kiloweise Paidakia vom Lamm knusprig gegrillt oder opulente Fischplatten aufgetragen.

Ein unvergessliches Symposion habe ich auf Kythira, der südlichsten ionischen Insel erlebt: Wo betagte Männer mit tauchenden Enkeln nach stundenlangem mühseligen Pflücken der Seeigel von der Kaimauer, die nach dem Aufschneiden entfernten orangen Filets in Einweckgläser füllten, um diese abends in geselliger Runde (parea) als Mezee zum Ouzo zu verzehren.

Anleitung für stachelresistente Selbsternter:

 

Man legt die flache Seite auf die Hand, schneidet mit der Schere von der Mitte oben bis zum Rand und nach einer 90° Drehung rund herum. Hat man nun den Deckel abgehoben leuchten einem die 5 Gonaden geradezu aufreizend orangerot entgegen und lassen sich mit dem Finger leicht herausschieben. Ein fruchtiger, Meerwasser salziger Genuss der soften kleinperligen Eier wartet als kulinarische Belohnung.

Drei gute Stoppadressen für alle, die mit der Fähre von Italien-die Fähre von Venedig z.B. gleitet am Canale Grande nahe am Markusplatz vorbei- in Igoumenitsa landen und nach ca. 1 ½ Stunden Autofahrt an der Küste entlang Lefkas erreichen. Auch als Ausflugsziele von der Insel aufs Festland empfehlenswert.

Essen- und Infostopp im Restaurant „Olga“ am kleinen Hafen in Plataria, gleich hinter Igoumenitsa. Gepflegte, mit Blumen- und Sträuchern eingefasste, saubere, gemütliche Taverne, Blick aufs Meer, traditionelle Küche von Mama Angelika und fangfrische besondere Meeresbewohner, wenn Stefano die Netze auslegt, Olga und Familie sprechen super Deutsch, vermieten einige einfache Zimmer und kümmern sich liebevoll um ihre Gäste.

 

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