Jens Schaffran ist zufrieden. Zu Füßen den Malchower See, blickt der Fischer über seine nassen Jagdgründe. Dort schwimmen neben Barschen, Plötzen und Hechten auch Tausende Maränen. Die etwa 30 Zentimeter langen Tiere, über drei Ecken mit den Lachsen verwandt, genießen die klaren Gewässer der Mecklenburgischen Seenplatte. Solange bis sie in die Netze der Müritzfischer schwimmen. Das Ziel: Maränenkaviar.
Autor Oliver Zelt, Foto oben ©foodhunter
In den frühen Morgenstunden, wenn die meisten Menschen sich noch einmal gemütlich im Bett umdrehen, sind Schaffran, Chef der Binnenfischer, und seine Kollegen in ihren Booten auf der Müritz, dem Plauer-, Tollense- oder Kölpinsee unterwegs, um den silbern schimmernden Fisch aus den Reusen zu holen. Während der Laichzeit im Dezember ernten sie auch die kleinen Eier der Weibchen und lassen sie künstlich ausbrüten, für einen guten Fang in den nächsten Jahren.
Irgendwann kam die Idee: Kaviar, genauer Maränenkaviar!
Irgendwann hatten die Nordlichter eine Idee. Keiner der Männer weiß heute mehr genau, wer als Erster damit kam. Aus dem Rogen sollte nicht nur die nächste Fischgeneration wachsen, feinen Maränenkaviar hatten sie im Sinn. Für die erfahrenen Binnenfischer eigentlich nichts sensationell Neues. Rogen mit ein bisschen Salz drauf, das „haben wir schon vor 20 Jahren gegessen“, erinnert sich Schaffran. Doch was ein beliebtes Fischer-Abendbrot ist, ist noch lange keine Ware für den Ladentisch
Erste Versuche verliefen mittelprächtig. Die Maräne ist ein sensibles Geschöpf, ihr Rogen mindestens genauso dünnhäutig.
Deshalb gleiten die gefangenen Fische langsam in die Kisten, die mit den dicken Bäuchen besonders behutsam, alle sanft gelagert auf einem dicken Eisbett. Nur wenige Minuten später an Land streifen Schaffran, seine Kollegen und fleißige Helferinnen in Gummihandschuhen vorsichtig den tief orangefarbenen Rogen ab, waschen die filigranen Eier in einem Sieb, die auf schnellstem Weg in eine Stahlwanne fallen.
Dann mischen die Müritzfischer den Rogen mit Meersalz, etwa 40 Gramm auf ein Kilo müssen sein. Anschließend tragen die Männer den schon fast fertigen Kaviar in den Kühlraum. In kleine Gläser gefüllt bekommt der Maränenkaviar eine schonende Hitzekur, damit er noch im Frühjahr frisch ist. Noch eine Spur feiner ist der Primeurkaviar, der nicht erhitzt wird, sich aber auch nur wenige Tage hält.
Der Erfolg macht Mut: Hechtkaviar als Edelvariante
Die Norddeutschen lieferten ihr regionales Highlight zuerst vorrangig an Restaurants rund um die Müritz, etwa das Schlosshotel Klingk. Eine 20-Gramm-Kostprobe im Gläschen kostet 5,80 Euro. Fast ein Schnäppchenpreis für die kleinen Eier, die frisch „wie eine Seebrise“ schmecken, empfindet Jens Schaffran. Kenner wollen am Gaumen sogar eine „nussige Note“ bemerken.
Gesundheitsapostel zählen die Vitamine D, E, B12, sowie Jod und Natrium als Ingredienzien auf.
Vom Erfolg euphorisiert präsentieren die Müritzer seit kurzem eine Raubfisch-Delikatesse. In 100-Gramm-Gläsern bieten sie als Rarität gelb- bis goldfarbenen Hechtkaviar an. Die Fischperlen von der mecklenburgischen Seenplatte finden immer mehr Fans zwischen Flensburg und Passau.