Das Oktoberfest wird weltweit gefeiert. Kein Nachbarland, das nicht mit „litlle Oktoberfest“ oder Oktoberfest-Bier im großen Wetttrinken mitspielen will. Foodhunter-Autor Rudolf Danner, echter Bayer und Oktoberfest(-Bier-)Kenner wie kaum ein Zweiter, hat sich überwunden. Oktoberfestbier in Kopenhagen. Na dann, Prost!
Autor Rudolf Danner, Fotos Foodhunter
Gemütliche Bierdimpfl, Alkoholkonsumenten und Genießer, Gewohnheitstrinker, „ echte“ Volksmusikfreunde, die zum allseits bekannten Lied den Refrain mitsingen und „ die Hände zum Himmel“ recken, skandinavische Vieltrinker, Oktoberfestfans aus der ganzen Welt, Freunde des bayerischen Bieres, alle auf bayrische Bierseligkeit aus und alle „a g‘scheide Maß“ auf dem Tisch. Natürlich haben sie einen Liter bestellt, das gehört sich so im Biergarten, dann lässt man/frau eben das Noagerl (Übersetzt: Rest im Glas) stehen, auch wenn so mancher Asiate genbedingt und andere Gelegenheitstrinker mit Trainingsrückstand mengenmäßig konditionell überfordert scheinen. Doch wer bestellt schon eine Halbe für 59 Kronen, wenn die Maß 79 Kronen kostet und man über 5 Euro einsparen kann.
Oktoberfestbier von heuer? „Keine Ahnung“, antwortet der Ober
Ob das Oktoberfestbier von heuer oder vom vorigen Jahr stammt, wußten weder der Schankkellner in Lederhose noch die blonde Bedienung im Dirndl. Wohl eine blöde Frage, wird hier doch das ganze Jahr Oktoberfest gefeiert. Sie ahnen es schon! Wir sind zwar im Paulaner Biergarten, nein, nicht in München, sondern im „Tivoli“ in Kopenhagen, sitzen neben dem weiß-blau geringelten Maibaumverschnitt – nackt ohne die sonst üblichen bunten Tafeln – an grünen Holztischen mit Jägerzaun von den Touristenströmen abgegrenzt und sollen uns zwischen Gulasch und Bratwürsten mit Sauerkraut entscheiden, während am Nebentisch eine dänische Familie sich über eine riesige Platte mit frittierten Schweinsohren hermacht.
Unsere zwei formschönen Brezen für 38 Kronen scheinen in der Konditorei geschlungen, aber wenigstens mit Salz gepudert, Brezen-Salz scheint hier niemand zu kennen. Das untergärige Oktoberfestbier schaut über den Eichstrich und lässt dem Schaum wenig Platz, das obergärige Weizenbier dagegen trägt eine stolze Krone, fast eine Majestätsbeleidigung im Land der ältesten Monarchie in Europa. Da nimmt man die obligatorische Handrückenwischbewegung zur Entfernung des entstandenen Oberlippenbartes (wenn man schon am Anfang zu tief ins Glas schaut und trinktechnisch nicht so geschult ist) gerne in Kauf.
Klebte nach 2 Stunden Bierbank und Maß die Bank an der Hose und ging beim Aufstehen mit in die Höhe wurde das Bier aufgrund des ausreichenden Malzgehaltes für gut befunden.
Stammwürze scheint ausreichend vorhanden, denn die Tische sind nahezu flächendeckend bier-imprägniert und weisen den berühmten Malzzucker-Klebeeffekt auf. Heute nicht mehr unbedingt ein Qualitätsmerkmal, aber im 16. Jahrhundert die übliche Methode, den Brauer vor drastischen Strafen zu bewahren. So fanden sich seinerzeit z.B. in Bernau Bürgermeister, Marktmeister und Vogt im Hause des jeweiligen Brauers ein, setzten sich in gelben Lederhosen auf eine mit Bier präparierte Holzbank und sprangen nach Ablauf der Sanduhr 2 Stunden später gleichzeitig auf. Klebte die Bank an der Hose und ging mit in die Höhe wurde das Bier aufgrund des ausreichenden Malzgehaltes für gut befunden.
Die Bierbank- und Hockersitzer sorgten fürs Reinheitsgebot!
Schwäbisch sparsamer wurde die Bierprobe in Augsburg nur von einem einzigen Hockersitzer abgehalten. Belächeln sollten wir diese historischen merkwürdigen Untersuchungsmethoden jedoch nicht, denn schließlich führten sie zum entscheidenden Tag in der Biergeschichte: Landadel und Ritterschaft haben am 23.April 1516 das Reinheitsgebot für alle bayerischen Brauer erlassen: „ …Ganz besonders wollen wir, dass forthin allenthalben in unseren Städten, Märkten und auf dem Lande zu keinem Bier mehr Stücke als allein Gersten, Hopfen und Wasser verwendet und gebraucht werden sollen…“ Hopfen und Malz – Gott erhalt’s!