Es scheint, als wäre die Flotte blankpolierter Luxuscabrios gemeinsam aufgebrochen, um im Konvoi über die romantischen Straßen zu gleiten, die sich wie ein beschwipstes Band durch zartgrüne Rebhügel schlängeln. Es ist Wochenende, die Sonne scheint, da kommen sie alle: aus Baden-Baden, Karlsruhe, Speyer oder gar Stuttgart, um die Südpfalz zu genießen. Was den Münchnern ihr Ausflug in die bayerische Seenwelt, das ist die Region entlang der Deutschen Weinstraße für die umliegenden Städter.
AutorSabine Ruhland, Foto ©Pfalz-Tourismus
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Die Nobel-Ausflügler mischen sich mit Radlern und Wanderern und Bustouristen, die meist schon ab dem späten Vormittag an den zahlreichen Weinschänken die ‚Viertele’ und die Pfälzer Geselligkeit genießen. „Hock di her, mer rucke zsam!“ „Aus München kummet ihr? A bei eich is doch a schee!“ (Ubersetzt: Setzen Sie sich, wir rücken gerne zusammen. Was, aus München kommen Sie? Aber bei Ihnen ist es doch auch schön!
Pfälzisch ist nicht immer leicht zu verstehen, aber die Herzlichkeit ist unmissverständlich. So sollte kein Besucher je versäumen, sich dem zu widmen, was diese Region charakterisiert: „Hier muss ma schwätze mit de Leit“. Standesdünkel Fehlanzeige. Die schicken Damen im Designerdress finden den Nachmittag mit den Mountainbikern aus Koblenz ebenso unterhaltsam wie das einheimische Liebespaar, das sich mit einer Familie aus Ludwigshafen am Tisch eine Flasche Wein teilt. – Meist bleibt es nicht bei einer, denn die Pfalz ist mit 230 km² Anbaufläche das zweitgrößte Weinbaugebiet Deutschlands.
Die Pfalz ist seit 2008 das größte Riesling-Gebiet der Welt.
Etwa 3.600 Winzerbetriebe in 144 Orten pflegen mehr als Hundert Millionen Rebstöcke – die Anbaugebiete mit Böden aus Mergel, Lehm, Ton, Schiefer oder Buntstein erstrecken sich vor allem beidseitig der Deutschen Weinstraße. Neben Dornfelder und Müller-Thurgau ist es der Riesling, der Pfalz international begehrenswert macht. Die Anbaufläche des „Königs der Weißweine“ wächst ständig, mit 5.455 Hektar ist die Pfalz seit 2008 das größte Riesling-Gebiet der Welt.
Daneben sind die Burgunder eine feste Größe. Weiß-, Grau- und Spätburgunder zählen zu den Paradepferden vieler Betriebe und werden – wie die Pfälzer Weine insgesamt – mehrheitlich trocken ausgebaut. Marktführer ist die Pfalz beim Weißherbst, jenem frischen, lachsfarbenen Sommerwein, der zumeist aus der Portugieser-Traube gewonnen wird.
Eine Besonderheit ist die Rebsorte St. Laurent, die von Winzern der Region vor dem Aussterben bewahrt wurde und heute die Weinfreunde mit samtigen, körperreichen Rotweinen entzückt. Besondere Akzente setzen die Weinbaubetriebe auch mit modernen, internationalen Sorten wie Merlot, Cabernet Sauvignon oder Sauvignon blanc. Sie gedeihen prächtig am Rand des Pfälzerwaldes und runden als feine Nischenprodukte das Angebot der Pfälzer Betriebe ab.
„Wir sind nicht die Toskana, wir sind die Pfalz.“
Aufgrund der landschaftlichen Schönheit wird die Pfalz gerne als Toskana Deutschlands bezeichnet, ein malerischer Vergleich, allerdings nie von den Pfälzern selbst gewählt, denn die sehen sich zu Recht als etwas Eigenständiges. „Die Pfalz ist die Pfalz, basta.“
Trotzdem lässt das milde Klima Palmen und Zypressen gedeihen, spielt sich im Sommer das Leben auf den Straßen und in den bewachsenen Innenhöfen ab, was den kleinen Ortschaften mit verwinkelten Pflasterstraßen und Fachwerkgiebeln südländischen Charme verleiht. Rhodt unter Rietburg, Leinsweiler, Maikammer, St. Martin oder Deidesheim sind optische Schmankerl.
Die Pfälzer sind sich der Attraktivität ihrer Region durchaus bewusst und wie die internationalem Touristen, zeigt sich auch die Gastronomie weltoffen. Neben Saumagen, Zwiebelkuchen und Weinkraut haben sich längst Gourmetlokale etabliert, in denen Koriander, Ingwer und Thunfisch-Sashimi ihren festen Platz haben. Sterneküche, junge Wilde, Geheimtipps und Weinverkostung bei den Winzern – die Pfalz macht Appetit aufs Wiederkommen.