von foodhunter
Kategorie: Reise

Verblasste Schönheit: Schloss Velden

Verblasste Schönheit: Schloss Velden
Schloss Velden

Wie geht es einem Haus, das von einer Hand zur nächsten gereicht wird, ein Spielobjekt der Hotelketten und Stiftungen, bei dem hier gefeilt und dekoriert, an anderer Stelle Essenzielles vergessen wird? Das Haus verblasst, verliert seinen Charakter, seinen Charme, zehrt vom Glanz alter Tage. Stippvisite in Schloss Velden am Wörthersee. 

 

Autor Dirk Vangerow, Fotos ©foodhunter

 

Der Prunksessel ist verschrammt und vor allem so niedrig, dass er nutzlos am Schreibtisch platziert ist.Der Gast muss die Arme nach oben recken, um die Schreibtischplatte zu erreichen. Im Bad ein Kosmetikspiegel aus Plastik, ein Wackelkandidat, bedingt dadurch, dass Vorgänger wahrscheinlich verzweifelt versuchten, eine praktikable Höhe einzustellen. Die Klimaanlage stellt sich selbstständig ab, der Raum überhitzt. Wand-Displays leuchten nachts spontan auf und erhellen den Raum. Die Glasscheiben der Terrassen dürften demnächst Moos ansetzen und der Weg an der Rezeption führt vorbei an Mitarbeitern, die murmelnd grüßen und selten den Kopf heben..Es stellt sich ein Nicht-willkommen-Gefühl im Schloss Velden ein, doch lassen wir das, schnöde Hotelkritik ist nicht unser Hauptthema.

 

Wenn das Essen eine Katastrophe ist, kann nur der Service retten, was eigentlich kaum zu retten ist.

 

Widmen wir uns der Kulinarik des Hauses, uns bestens in Erinnerung zu Zeiten von Silvio Nickol, damals ein Erlebnis. Leider hat das Gourmet-Restaurant Schlossstern – heute unter der Regie von Thomas Gruber – geschlossen, öffnet über die Wintermonate ausschließlich für Events und Gesellschaften. Doch das zum Schloss velden gehörige Restaurant Seespitz ist geöffnet, ein Exponierte Lage, ein traumhafter Blick. Vorfreude und die Hoffnung, endlich einen Standard zu erleben, der dem Schloss würdig ist.

 

Das Seespitz Restaurant des Schloss Velden direkt am See – eine exponierte Lage.

 

Zur Vorspeise das Branzino Tatar – hochgelobt, leider sehr bitter im Geschmack. (scheinbar ist das Ausgangsprodukt mit der verletzten Gallenblase in Berührung gekommen oder nicht richtig ausgespült worden) und jedes raffinierten Frucht-Säure-Spiel entbehrend. Der Fenchel-Dill als Garnitur kann auch nur als solche verstanden werden, denn geschmacklich bringt er dem Gericht nichts.

Begierig erwarten wir die gerösteten Artischocken – eine gute Speise-Idee für ein Restaurant am See. Leider wird die Artischocke in sämigen Saucen ertränkt, ist kaum zu sehen auf dem Teller. Warum das wunderbare Produkt nicht mit Steinsalz und gutem Olivenöl servieren?

Als Hautgang der Catch of the Day, eine Renke im Ganzen. Wir filetieren den Fisch selbst, er ist nicht gereinigt und blutig. Statt der avisierten braunen Butter wird kommentarlos geklärte Butter gereicht und das Kartoffelpüree ist uns in Konstistenz und Geschmack völlig fremd. Der Schock über diese Performance sitzt tief, wir haben die Vorspeisen (je 19 Euro) durchgehen lassen, aber jetzt geht der Fisch nebst Beilagen zurück. Mit genauer Erklärung für die Küche.

 

Der Service rettet

 

Der Service präsentiert sich durch die Bank hinreißend, aufmerksam, entgegenkommend und hat unsere Kritikpunkte an die Küche weitergegeben. Die Küche räumt Fehler ein, am Ende wird der Catch of the Day von der Rechnung genommen. Hätten wir Sternchen zu vergeben, bekämen Service und Ambiente die Höchstzahl.

 

Vielleicht der falsche Tag, ein kranker Koch, eine schlechte Lieferung, Saisonende …. es gibt tausend Entschuldigungen. Vielleicht fehlt aber auch nur die Leidenschaft am Herd.

 

Ein neuer Tag, alles wird gut. Nicht ganz. Zum Frühstück bekommen wir statt der Eggs Benedikt die Eggs Florentine auf einem trockenen nicht getoasteten Brot. Jetzt wollen wir eigentlich nur noch weg und stellen uns die Frage, ob es an kritiklosen Gästen liegt, wenn solche Dinge passieren? Wir wissen es nicht. Vielleicht einfach nur eine Verkettung unglücklicher Umstände. … Hauptsache für den aktuellen Videodreh wird der gemietete Rolls Royce vor dem Eingangsportal hin und her manövriert. Mehr Schein als Sein, das trifft leider auf das ganze Haus zu.

 

Ein lauer Abend Mitte September – eine ausgestorbene Promenade. Spiegelt auch unseren Eindruck wider. 

 

Wir waren für eine Nacht im Schloss eingeladen und hätten dank dieser Großzügigkeit gerne besser bewertet. Aber da gibt es einfach nichts zu beschönigen. Die Restaurantrechnung und die Reisekosten haben wir selbst übernommen.

Arrow right icon