24 Stunden gereifter Kabeljau, gelierte Molke, gebeiztes Eigelb, winzige Radieschenschoten, Marmelade aus grünen Tomaten. Klingt im ersten Moment nach überspannter Küche? Ist es aber nicht. Das Zeik führt den Gast virtuos durch den Geschmacksreichtum von Wasser und Erde.
Autorin Sabine Ruhland, Fotos ©foodhunter
Eigentlich müssen wir erst noch richtig zusammenfinden, meint Maurizio Oster, der das alteingesessene Zeik vor wenigen Wochen übernommen hat und ebenso kurze Zeit mit seinem Sous Chef Robin Bender in der Küche steht. Doch die beiden scheinen kulinarisch ein Zwilling zu sein, beide verbindet die Passion für regionale Produkte und deren tiefster Geschmacksseele. Hat der eine ein Hochbeet und experimentiert mit Wachstumsphasen von Wurzelgemüse. legt der andere ein und fermentiert, was „er so findet“, von Spargel bis Fichtenwipfel ist die Reihe bauchiger Gläser breit aufgestellt.
Philosophie im Zeik: nah am Gast sein
Das Restaurant Zeik ist nicht groß, einmal an der Wand lang, das war es im Grunde. Die Einrichtung strukturiert, Farbkonzept Oliv/Grau die Tische etwas zu glatt. Dafür eine von Hecken geschützte Terrasse, die die Opulenz blütenweißer Tischdecken gestattet.
Die beiden Köche lassen es sich nicht nehmen, das Entree selbst zu übernehmen. Kommt Maurizio mit Speisekarte und Amuse-Bouche an den Tisch, bringt Robin das Brot. Oder umgekehrt. „Wir stellen uns jedem Gast am Abend vor. Nah am Gast zu sein, ist uns wichtig.“ Für den Rest des Umsorgtwerdens sorgt Maurizios Partnerin Johanna Stier.
Das Menü wechselt Maurizio Oster, wenn ihm der Sinn danach steht, die Produzenten indessen wählt er sorgsam. Da gibt es Weidehuhn, Förde Garnele und Radieschen aus dem Alten Land … „Geprägt hat mich Thomas Sampl, mit dem ich einige Zeit im Vlet in der Speicherstadt arbeiten durfte. Unfassbar, wie konsequent er als Chefkoch Qualität umgesetzt hat. Leider ist das für ein Restaurant immer ein enormer Kostenfaktor.“ Während das Vlet längst die Wirtschaftlichkeit in den Vordergrund stellt und kein Thomas Sampl mehr hinter dem Herd steht, ist im Zeik alles offen und Maurizio kompromisslos.
Der kreative Dreisprung
Wir kosten ”Kabeljau I Kohlrabi I Sauerampfer“. Der Kabeljau ist butterweich und trotzdem bissfest, was der aufwendigen Vorbereitung geschuldet ist. Filettieren, salzen und 24 Stunden im Kühlraum nachreifen, um dem Fischfleisch die Feuchtigkeit zu entziehen. Die Kohlrabi-Nudeln werden nur in Salz, etwas Zucker und Essig kurz gedämpft, erhalten als Topping kandierte Zitronenzeste und Brösel von gebeiztem und getrocknetem Eigelb. Die dazugereichte leichte Kohlrabi-Mousseline, raffiniert zubereitet aus klarem Kohlrabisaft, Rahm und etwas Knoblauch tut ein Übriges um den Gast in Versuchung zu führen, den Teller abzulecken.
„Das Gericht reift, wenn ich die drei Komponenten geschrieben habe. Vorher weiß ich noch nicht, wie es am Ende sein wird.“
Unser nächster kreativer Dreisprung heißt „Eismeerforelle I Molke I Dillblüte“ und es erscheint eine Forelle von fast unwirklicher Farbe. 24 Stunden gebeizt in Salz, Zucker und einem Gewürz-Cocktail aus rund 12 Gewürzen. Dazu eine Marmelade von grünen Tomaten und Rosinen, gekocht, gemixt, geräuchert. In einem kleinen Schälchen dazu liegt auf Eis die Grantiée aus Molke, Dillblüte, Apfelsaft und frischem Meerrettich.
Dass der passende Wein ein Essen adelt, wissen die drei und haben sich professionelle Hilfe eines externen Weinberaters geholt. Auf seine Empfehlung hin offeriert das Zeik beispielsweise zur Förde Garnele einen fabelhaften Rosé vom Weingut Stern aus der Pfalz. Dieser Syrah Rosé fume ist ein Saigner-Rosé ( saigner=bluten lassen): Der frische Most wird von der Rotweinmaische abgezogen, wodurch der Rotwein konzentriert wird und der Roséwein seine unverwechselbare Frische und Finesse erhält.
Wir sind sicher, dass die Vorstellung gerade erst begonnen hat. Das Zeik ist eine grandiose Adresse, von der wir noch viel hören werden. Großes Kino eben.
Zeik
Sierichstraße 112
22299 Hamburg
www.zeik.de